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33 Kandidaten, ein Favorit

Von Silvia Vogt

Politik

Präsident Kabila hat beste Chancen. | Konkurrent will Wahl boykottieren. | Kinshasa. (ap) Noch nie in seinem Leben hat Joseph Kabila seine Stimme in einer Wahl, die diesen Namen verdient, abgegeben. Demokratische Strukturen hat der 35 Jahre alte kongolesische Präsident nie kennen gelernt. Dennoch ruhen auf ihm die Hoffnungen seiner 54 Millionen Landsleute und der internationalen Gemeinschaft, dem Kongo den Weg zur Demokratie zu ebnen.


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Kabila geht als Favorit in die Präsidentschaftswahl am 30. Juli. Sein Wahlkampf ist mit Abstand der stärkste aller 33 Kandidaten. "Kabila hat das Geld, also wird er gewinnen", lautet die Einschätzung zahlreicher Beobachter. Doch der junge Amtsinhaber, der seinem 2001 ermordeten Vater Laurent-Désiré gefolgt war, kann sich auch auf die Fahnen schreiben, dem seit 1998 tobenden Bürgerkrieg mit schätzungsweise vier Millionen Toten ein Ende bereitet zu haben. Inzwischen sitzen die Aufständischen mit am Kabinettstisch.

"Stimmt für Kabila, den Mann, der den Krieg beendete!", heißt es auf seinen Wahlkampfplakaten. Kabila tritt als Unabhängiger an. Er wolle der "Kandidat aller Kongolesen" sein, sagt er. Zugleich kann der im tansanischen und ugandischen Exil aufgewachsene Übergangspräsident auf die Unterstützung seiner "Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie" (PPRD) zählen.

Die Konkurrenten

Ein Politveteran, der Kabila vielleicht hätte gefährlich werden können, hat sich selbst ausmanövriert. Etienne Tshisekedi von der "Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt" (UDPS) boykottierte die Registrierung zur Wahl. Der 73-Jährige, der sich unter dem von Kabilas Vater vertriebenem Diktator Mobuto Sese Seko von einer Stütze des Regimes zum mutigen Oppositionellen gewandelt hatte, ist noch immer eine einflussreiche Figur in der kongolesischen Politik. Anders als eine ganze Reihe von Präsidentschaftskandidaten griff er im Bürgerkrieg nicht zu den Waffen.

Als "der Mann, der kein Blut an den Händen hat", wirbt Pierre Pay-Pay von der "Koalition der Demokratischen Kongolesen" (Codeco). Der gewiefte Geschäftsmann, einst Minister und Zentralbankchef Mobutus, verbrachte die Kriegszeit im Exil und gilt bei einer Reihe ausländischer Investoren als beliebt. Auch der Rückhalt vieler alter Mobutu-Anhänger ist dem 60-Jährigen sicher.

Der 80-jährige Antoine Gizenga , einstiger Kampfgefährte von Patrice Lumumba, dem 1961 ermordeten ersten Ministerpräsidenten des Landes, könnte laut Umfragen in der ersten Wahlrunde nach Kabila auf den zweiten Platz kommen.

Eine blutige Vergangenheit lässt sich aus dem Lebenslauf der einstigen Rebellenführer Jean-Pierre Bemba und Azarias Ruberwa ablesen, die mittlerweile als Vizepräsidenten im Kabinett sitzen und ebenfalls für das höchste Staatsamt in den Startlöchern stehen. Der 44-Jährige Bemba mit seiner "Kongolesischen Befreiungsbewegung" (MLC) verfügt vor allem in seiner Heimatprovinz Equateur über starken Rückhalt. Der zwei Jahre jüngere Ruberwa, dem engste Kontakte zum Nachbarland Ruanda nachgesagt werden, und seine "Kongolesische Sammlungsbewegung für Demokratie" (RCD) gelten zunehmend als unpopulär.

Auch eine Tochter des ersten Staatspräsidenten nach der Unabhängigkeit 1960, Joseph Kasavubu, ein Sohn des ermordeten ersten Ministerpräsidenten Lumumba und ein Sohn Mobutus stehen auf der Kandidatenliste.

Dass viele Bürger einfach ihre Stimme demjenigen geben, der ihnen einen kleinen Obolus zukommen lässt, halten Beobachter für wahrscheinlich. "In all dieser Not kann man einen armen Mann mit einem Stück Seife kaufen", beklagt die Caritas-Schwester Marie-Madeleine Bofoe.