Paris · Nachdem sie monatelang unzählige Seiten darüber geschrieben haben, beginnen die französischen Journalisten nun an die Anwendung der gesetzlichen 35-Stunden-Woche auf sich selbst zu | denken. Die katholische Pressegruppe Bayard, unter anderem Verleger der Tageszeitung "La Croix", hat sich als erster Verlag auf das nach der sozialistischen Arbeitsministerin Martine | Aubry benannte Gesetz umgestellt.
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Das kürzlich unterzeichnete Abkommen sieht für die 1000 Angestellten die 35-Stunden-Woche ab 1. Juli 1999 vor. Die Journalisten bekommen im Gegenzug für eine "leichte Gehaltsverminderung" 22
zusätzliche Urlaubstage. Überdies erhielt die Journalistengewerkschaft SNJ die Zusicherung, daß 55 neue Fix-Anstellungen erfolgen. Die Anhebung des Personals um mindestens sechs Prozent ist eines der
Kriterien des Aubry-Gesetzes, um in den Genuß von Staatsbeihilfen zu gelangen.
Was einzelne Medien anlangt, so hat die Sportzeitung "L'Equipe" im Dezember als erste ein Abkommen zur Arbeitszeitreduzierung unterzeichnet. Die Journalisten einigten sich auf eine
Lohnstabilisierung für zwei Jahre, während die Direktion sich verpflichtete, 23 Neuanstellungen vorzunehmen. Dem Beispiel folgend hat jüngst auch die Regionalzeitung "L'Est Republicain" ein
solches Abkommen unterzeichnet. Aus den Chefetagen des Pariser "Monde" verlautete, daß ebenfalls die Unterzeichnung eines Abkommens zur Arbeitszeitverkürzung bevorstehe.
Einige Medien wie die Tageszeitung "L'Alsace" oder das Wochenmagazin "Le Nouvel Observateur" haben sich bereits vor dem Aubry-Gesetz für den Übergang auf die 35-Stunden-Woche
entschlossen. Was den Rundfunk betrifft, so hat der Kabelsender "Canal Plus" als erster ein Abkommen in Aussicht gestellt, das bei 2.000 der insgesamt mehr als 3.000 Angestellten Anwendung finden
soll. Die Verhandlungen zwischen Journalisten und Firmenleitung haben auch im staatlichen Sender "France Television" begonnen. Bei "France 3" findet die 35-Stunden-Woche schon "versuchsweise"
Anwendung.
Hinsichtlich der zusätzlichen freien Tage plädieren die Arbeitgeber eher für eine flexible Handhabung, während sich die SNJ für die Vier-Tage-Woche einsetzt. Eine erste umfassende Versammlung der
Sozialpartner im Medienbereich findet zu dem Thema am 17. März statt. Fest steht bereits zum jetzigen Zeitpunkt, daß alle jene Medien, die mehr als zwanzig Lohnempfänger beschäftigen, bis 1. Jänner
2000 obligatorisch auf die 35-Stunden-Woche umsteigen müssen.