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Panmunjom, das "Friedensdorf" am 38. Breitengrad, genau an der Waffenstillstandslinie in der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea, ist einer der furchteinflößendsten Orte der Welt. Auf dem Weg kommt man an vorbereiteten Panzersperranlagen, Gräben und anderen Sperranlagen vorbei, wenn man sich vom Süden her nähert, dann passiert man Camp Bonifas, die Basis des United Nations Command Security Battalion - Joint Security Area, wo man oft genug das Knattern der Blackhawk-Hubschrauber hört. Direkt an der Waffenstillstandslinie folgt am 38° N in Panmunjom alles einem einstudierten, beängstigenden und bizarren Ritual: Hier, wo am 27. Juli 1953 der Waffenstillstand nach dem Korea-Krieg (1950 bis 1953, vier Millionen Menschen verloren ihr Leben) unterzeichnet wurde, stehen heute athletische südkoreanische Soldaten mit überdimensionalen Sonnenbrillen nordkoreanischen Uniformierten mit überdimensionalen Tellermützen (oder zuletzt auch Kevlar-Helmen) gegenüber. In Panmunjom ist die Spannung zwischen den beiden Koreas förmlich mit Händen zu greifen. Doch am 27. April wird dieser Ort der Schauplatz eines historischen Treffens: Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un und der südkoreanische Präsident Moon Jae-in treffen dort zum ersten Gipfel zwischen den beiden Koreas seit 2007 zusammen. Es wird gar gemunkelt, dass Kim Jong-un in Panmunjom zu Fuß den Grenzmarker, der dort im Boden eingelassen ist, übertreten könnte, eine höchst symbolische Geste. Doch das Treffen am Freitag ist lediglich das Präludium zum Gipfel zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump.
Dass die Vertreter der beiden Koreas am Freitag miteinander sprechen, ist vor allem der Olympia-Diplomatie Moon Jae-ins zu verdanken, der eine Politik der Entspannung auf der koreanischen Halbinsel vorangetrieben und den Gipfel zwischen Kim und Trump eingefädelt hat.
Wie es jetzt aussieht, gibt es in diesem Gipfel-Reigen derzeit vier Gewinner: Kim, Trump, Moon und Xi Jinping. Die Tatsache, dass Moon und Kim zusammentreffen, ist bereits als außergewöhnlich zu werten, doch ein Treffen zwischen Kim und Trump wäre wahrhaft historisch. Kim wird - ohne, dass er große Vorleistungen liefert - so mir nichts dir nichts mit einem Treffen mit dem US-Präsidenten geadelt. Trump, der bisher keinen einzigen außenpolitischen Erfolg zu verzeichnen hat, landet mit dem Treffen weitgehend ohne eigenes Zutun im Geschichtsbuch. Moon - der Architekt der neuen Sonnenscheinpolitik - hat höchsten Respekt verdient, so oder so. Und Xi Jinping will nichts sehnlicher als Ruhe an Chinas südöstlichen Flanke. Es gibt aber auch einen Verlierer: den japanischen Premier Shinzo Abe. Denn Tokio ist außen vor.