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440.000 Euro und schuldenfrei

Von Christoph Rella

Politik

Ab 1. Oktober wird in der Steiermark über Gemeindezusammenlegungen entschieden.|Umsetzung bis 2015.


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Graz/Birkfeld. Peter Töglhofer hat ein Problem. Denn spätestens wenn 2015 die steirische Gemeinde Birkfeld mit den fünf Nachbarortschaften Koglhof, Haslau, Waisenegg und Gschaid zu einer größeren Einheit zusammengelegt wird, muss sich der Amtsleiter etwas überlegen. Zum einen dürfte der Gemeinderatssitzungssaal für die dann insgesamt 21 Gemeinderäte zu klein werden. Und zum anderen stellt sich die Frage: Wohin mit den Bediensteten, die mit Schließung der Gemeindeämter in der Peripherie hier ihre Büros beziehen werden?

Birkfeld in der Steiermark mutiert nach der Fusion 2015 zur Großgemeinde.
© naturreisen.blogspot.com

Es sind Detailfragen wie diese, mit denen sich die Bürgermeister der fünf Fusionsgemeinden in naher Zukunft auch auseinandersetzen werden müssen. An der Zusammenlegung selbst wird hingegen nicht mehr gerüttelt, sagt der Birkfelder Ortschef Franz Derler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Als Grund für den Schritt nennt er Finanzsorgen, aber auch die Abwanderung stellt eine große Herausforderung dar. Laut Statistik könnten die einzelnen Ortschaften, wenn sie allein bleiben, in den kommenden 20 Jahren bis zu 18 Prozent der Einwohner verlieren. Wie unter solchen Bedingungen Arbeitsplätze geschaffen, Schulen erhalten oder Straßen saniert werden sollen, ist nicht nur Derler ein Rätsel. Das sehen auch seine Kollegen so. "Das Geld wird immer weniger, wir können nur noch Schulden machen. Das würde ich unserer Jugend nie antun", meint der Haslauer Bürgermeister Johann Flicker. Er war es, der die Idee zur Fusion im Vorjahr geboren und Derler vorgeschlagen hatte. Mit der Folge, dass wenig später gemeinsam mit Koglhof, Waisenegg und Gschaid die Arbeitsgruppe "Gemeindefusion G5 - Gestalten statt Verwalten" ins Leben gerufen wurde.

Stattliche Prämie vom Bund

In der Arbeit unterstützt werden die fünf Bürgermeister vom Land Steiermark. Dort ist man mit der Entwicklung der "Gemeindestrukturreform", die seit 2011 landesweit läuft, zufrieden. Ziel: Die Fusionen auf Kommunalebene sollen die Gemeinden unabhängiger und - durch Einsparungen in der Verwaltung sowie bei den Kreditzinsen - finanziell schlagkräftiger machen. Wie viele Gemeinden im Boot sind, wollte man auf Anfrage nicht sagen. Es dürften aber mehrere Hundert sein, darunter auch die Städte Bruck und Kapfenberg.

Was das zukünftige Birkfelder Budget betrifft, hoffen die Bürgermeister ab 2015 Hunderttausende Euro sparen zu können. Demnach sollen durch den Wegfall der Kredite, in der Verwaltung sowie bei Dienstleistungen und Politikergehältern jährlich 710.000 Euro gespart werden. Abzüglich des Defizits käme man so auf einen "Gewinn" von 440.000 Euro. Einziger Wermutstropfen: Drei Gemeindeämter werden geschlossen, ebenso ein Kindergarten. Dagegen soll die Fusionsprämie von Bund und Land Steiermark zur Schuldentilgung verwendet werden.

Sorge um Vereinswesen

In der Bevölkerung finden die Fusionspläne großteils Zustimmung, aber es gibt auch kritische Stimmen: "Ich glaube nicht, dass man viel einsparen kann", meint ein Birkfelder, der anonym bleiben möchte, zur "Wiener Zeitung". Als Grund für seine Skepsis nennt er frühere Fusionen bei Post und Molkereien. "Auch mit den Idealisten und den Vereinen wird es weniger werden", prophezeit er. Weil dann jeder nur noch an sich selbst denke, statt an die Gemeinschaft.

Dass es so weit kommen könnte, daran glauben Derler und Flicker nicht. Demnach seien sowohl die Vereine als auch die Parteien in den Gemeinderäten über die Gespräche informiert worden. Politisch um Einfluss bangen muss nur die SPÖ, die mit Ausnahme von Haslau in allen Gemeinden in der Minderheit ist. Für den Sozialdemokraten Flicker bedeutet das, dass er seinen Bürgermeistersessel räumen wird müssen.

Fusionsfahrplan
Nach achtmonatigen Verhandlungen startet am 1. Oktober bei der Gemeindestrukturreform die Entscheidungsphase. In der Zeit bis 31. Jänner 2013 werden die Verhandlungsergebnisse der Landesregierung vorgelegt und erste Begleitmaßnahmen wie Gesetzesänderungen getroffen. Danach folgt die Umsetzung der Fusionspläne. Die Gemeinden haben für die Zusammenlegungen bis zu den Gemeinderatswahlen im März 2015 Zeit.