Heinisch-Hosek überrascht von "überhöhten Forderungen" der Gewerkschaft.|Wifo-Expertin Christine Mayrhuber: Drei Prozent sind schwer durchsetzbar.
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Wien. Mit einer kräftigen Forderung hat sich heute die Beamtengewerkschaft bei der ersten Lohnrunde mit der Regierung eingestellt. Wie der APA von Verhandlern bestätigt wurde, verlangen die öffentlich Bediensteten ein Plus von 4,65 Prozent. Das entspricht der so genannten "Benya-Formel", die sich aus einer vollen Abgeltung der Inflation und der Hälfte vom Wirtschaftswachstum zusammensetzt.
Wie die beiden Regierungsverhandlerinnen, Finanzministerin Maria Fekter und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek auf diese Forderung reagieren, war vorerst nicht bekannt. Ein Gegenangebot wurde von ihnen in der heutigen Verhandlungsrunde nicht genannt. Eine Erfüllung des Beamtenwunsches gilt freilich als äußerst unwahrscheinlich.
Verschnupft
"Wenn die Ministerin verschnupft ist, dann werden wir halt Taschentücher zur Verhandlung mitbringen." Gewohnt gelassen hatte Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer zuvor auf den medial ausgetragenen Disput mit Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek reagiert. Der Hintergrund: Wenige Stunden vor Beginn der ersten Runde der Beamtengehaltsverhandlungen am Mittwochabend hatte er in Ö1 erklärt, dass die Gewerkschaft eine Abgeltung der mit 2,95 Prozent bezifferten Inflation und einen Anteil an dem mit 3,5 Prozent angegebenen Wirtschaftswachstum fordert. "Ein Zweier vor dem Komma ist eigentlich nicht diskutabel", meinte der Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, der sich kommende Woche am Gewerkschaftstag noch einmal um diesen Posten bewirbt.
So führte denn Heinisch-Hosek diese Forderung in einer Reaktion auch auf die "Nervosität" Neugebauers vor der Wiederwahl zurück. Es sei "sehr ungewöhnlich", dass sie eine Zahl "zugeworfen" bekomme, meinte sie verschnupft - was Neugebauer wiederum dazu brachte, ihr Taschentücher zu versprechen.
Einig sind sich die beiden zwar bezüglich der den Verhandlungen zugrunde gelegten Inflation mit 2,95 Prozent. Heinisch-Hosek betonte aber, dass "in dieser unsicheren Zeit die Jobsicherheit im öffentlichen Dienst bare Münze wert" sei. Schließlich verwies sie auch auf die schlechten Prognosen für das kommende Jahr. "Wir arbeiten nicht auf Basis von Prognosen", meinte wiederum der Beamtengewerkschafter dazu, der das Wirtschaftswachstum der vergangenen vier Quartale als Basis nimmt.
Nicht alle Länder ziehen mit
220.000 Beamte und Vertragsbedienstete des Bundes sind direkt vom Ergebnis der Verhandlungen betroffen, dazu kommen noch 130.000 Landes- und Gemeindebedienstete. Meist richten sich die Länder nach dem Ergebnis der Verhandlungen auf Bundesebene, heuer wird es dabei allerdings Ausnahmen geben. So hat etwa bereits Oberösterreich angekündigt, dass der Gehaltsabschluss um einen Prozentpunkt geringer als auf Bundesebene ausfallen wird. Und in der Steiermark wurde überhaupt eine Null-Lohnrunde für die Beamten angekündigt.
Laut Ministerium kostet jedes Prozent, das die Beamten mehr bekommen, den Bund 111,3 Millionen Euro pro Jahr. Welche Erhöhung angesichts der klammen budgetären Lage sinnvoll wäre, kann Christine Mayrhuber vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo nicht sagen. Bund und Länder würden nämlich zu wenige aussagekräftige Daten über ihre Bediensteten zur Verfügung stellen, als dass man eine sinnvolle Prognose treffen könne, kritisiert sie. Klar sei aber, dass die Erhöhungen der Beamtengehälter in den vergangenen zwei Jahren viel geringer als in der Gesamtwirtschaft ausgefallen seien. "Da wird man sich heuer sicher etwas anderes überlegen müssen." Allerdings werde Neugebauer angesichts der "sehr, sehr angespannten Budgetsituation" und der Risiken, die die wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen zwei Wochen mit sich gebracht hat, wohl auch Schwierigkeiten haben, seine Forderung von drei Prozent durchzusetzen.
Für die Arbeitgeberseite sei "immer eine schlechte Zeit", sagte Neugebauer dazu. Was den Zeithorizont betrifft, meinte er: "Qualität vor Tempo, aber schneller ist immer besser." Ähnlich Nebulöses verlautete aus dem Ministerium: "So schnell wie möglich, so lange wie nötig." Die erste Runde war zu Redaktionsschluss jedenfalls noch im Gange.