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490.246 Sorgen

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Arbeitslosigkeit stieg im Jänner um 3,7 Prozent, 490.246 ohne Job - Entspannung weiterhin nicht in Sicht.


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Wien. Pünktlich zum Ersten des Monats herrscht in Österreich wieder Katerstimmung. Schon wieder sind noch mehr Menschen ohne Job, aktuell sind es 490.246. Schon wieder ist die Arbeitslosenquote gestiegen. Zwar steigt sie nicht mehr ganz so rasant wie in den vergangenen Jahren, aber sie sinkt auch nicht.

Ältere Arbeitnehmer über 50 Jahren und Ausländer sind davon am stärksten betroffen. Während die Arbeitslosenquote gegenüber dem Jänner des Vorjahres um 3,7 Prozent gestiegen ist, ist sie bei den über 50-Jährigen um 8,2 und bei den ausländischen Staatsbürgern um 10,1 Prozent gestiegen. Auch Frauen sind gemäß der jüngsten Zahlen etwas stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer.

Eine positive Nachricht gibt es allerdings. Die Jugendarbeitslosigkeit ist gegenüber Jänner 2015 um ein Prozent gesunken. Insgesamt 65.257 der 490.246 Arbeitslosen waren im Jänner in Schulung. Mit 5,8 Prozent Arbeitslosenquote belegt Österreich im EU-Vergleich den fünften Platz. Mit 4,5 und 4,6 Prozent sind Deutschland beziehungsweise Tschechien Spitzenreiter.

Zuwanderung erhöht Druck

Dass der Arbeitslosenanstieg in der Gruppe der älteren Beschäftigten so stark ist, begründet Ernst Haider, Sprecher des AMS, damit, dass die Österreicher immer später in Pension gehen. "Weil sie eben länger im Arbeitsmarkt bleiben, werden auch mehr arbeitslos." Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein älterer Arbeitnehmer seinen Job verliert, sei zwar niedriger als bei Jugendlichen. Aber sie würden danach auch schwieriger wieder einen Job finden, erklärt Haider.

Deshalb ist auch genau diese Gruppe überdurchschnittlich von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Ähnlich ist es auch bei den Arbeitslosen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Dadurch, dass viel mehr Einwanderer im erwerbsfähigen Alter dem heimischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, würden auch entsprechend mehr Zuwanderer arbeitslos.

Gleichzeitig können wegen des bescheidenen Wirtschaftswachstums kaum neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Vorjahr sind mehr als doppelt so viele Menschen zugewandert, als neue Arbeitsplätze entstanden sind. Außerdem ist in den vergangenen Jahren ein anderer Effekt am Arbeitsmarkt zu beobachten: Neue, relativ gut ausgebildete Zuwanderer aus den EU-Ostaaten verdrängen ältere, schlechter ausgebildete Arbeitnehmer, die vor Jahren etwa als Gastabeiter oder während des Jugoslawienkriegs eingewandert sind.

Die aktuelle Flüchtlingskrise dürfte den Druck auf den Jobmarkt auch weiter erhöhen. Aktuell sind 21.575 Asylberechtigte in Österreich als jobsuchend gemeldet. Hier eingerechnet sind allerdings auch Menschen, die schon seit vielen Jahren in Österreich leben, aber damals als Flüchtlinge ins Land kamen. Und: Wien beherbergt mit Abstand die meisten arbeitssuchenden Flüchtlinge, nämlich knapp über 14.000. Auch im Österreich-Schnitt ist Wien, was die Arbeitslosigkeit angeht, Spitzenreiter. Hier sind aktuell 15 Prozent ohne Job. In Vorarlberg und Tirol ist die Quote hingegen wieder leicht gesunken.

Bis zu 15.000 Arbeitslose mehr

Je nachdem, wie sich die Flüchtlingssituation entwickle, "rechnen wir mit 10.000 bis 15.000 Arbeitslosen mehr heuer", sagt Haider. Ein Rückgang der Arbeitslosigkeit sei zumindest für die kommenden zwei Jahre nicht zu erwarten.

Ohne ein massives Investitionsprogramm könne man auch keine Entspannung erwarten, so Haider. Auch der neu angelobte Sozialminister, Alois Stöger, unterstrich am Montag die Notwendigkeit von wirtschaftlichen Impulsen und Investitionen, und zwar in der gesamten EU. Um die Arbeitslosigkeit unter den älteren Arbeitnehmern zu senken, forderte der SPÖ-Pensionistenverband ein "wirksames Bonus-Malus-System", wonach Betriebe belohnt werden sollen, wenn sie Über-50-Jährige beschäftigen, und bestraft, wenn sie das nicht tun.

Die größte Baustelle am Arbeitsmarkt ist aber nach wie vor die Bildung. Fast die Hälfte aller als jobsuchend Gemeldeten hat höchstens eine Pflichtschulabschluss. Unter den Pflichtschulabsolventen ist wiederum jeder Vierte ohne Arbeit. Gleichzeitig gibt es hierzulande immer weniger Jobs für ungelernte, einfache Hilfsarbeiter.