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Zumindest in einem Punkt waren sich am Montag nach dem - ergebnislos verlaufenen - Gipfeltreffen im Bundeskanzleramt zur umstrittenen Frage der Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit für Schulgesetze alle Beteiligten einig: Eine Lösung sei ganz einfach - der jeweils andere müsse nur von seinen Bedingungen abrücken. Nur: Dazu war zumindest gestern keiner bereit. Nun hofft man bis zur morgigen Sitzung des Unterrichtsausschusses einen Kompromiss zu finden.
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Alle wollten, so brachte es Bildungsministerin Gehrer vor Beginn des Gipfels auf den Punkt, dass 95 Prozent aller Schulgesetze ohne Zwei-Drittel-Mehrheit zu regeln seien. Um zu besprechen, was unter die restlichen 5 Prozent fallen solle, trafen sich auf Einladung von Bundeskanzler Schüssel die Hauptakteure in diesem von taktischen Überlegungen geprägten Streit: Neben Gehrer waren dies SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer, Wiens Erzbischof Kardinal Schönborn sowie Vizekanzler Gorbach.
Angesichts der festgefahrenen Positionen standen die Chancen auf eine Einigung bereits im Vorhinein schlecht. Immerhin sprachen danach alle Streitparteien von einer Annäherung der Positionen. Wie eine Einigung jedoch aussehen könnte, bei der alle Beteiligten ihre Interessen wahren, war zumindest bis gestern nicht absehbar, zu unvereinbar scheinen die Standpunkte.
Während die Regierung einen Gesetzesentwurf präsentierte, der eine völlige Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit vorsieht, will die SPÖ im Einklang mit der katholischen Kirche die Punkte Schulgeldfreiheit, Schulpflicht, öffentliches Schulsystem und Konkordat mit einem erhöhten Quorum versehen.
Dem könnte sich zwar auch die ÖVP anschließen, jedoch nur unter der Bedingung, dass in diesem Fall auch das differenzierte Schulsystem abgesichert wird. Für die SPÖ inakzeptabel, sieht sie doch in der Einführung einer Gesamtschule für alle 10- bis 14-Jährigen den entscheidenden Hebel, das Leistungsniveau des österreichischen Schulsystems anzuheben. Dementsprechend sei man zwar zu weiteren Verhandlungen durchaus bereit, werde aber "keine Vorschläge akzeptieren, die dazu führen würden, dass zentrale Punkte der Empfehlungen der Zukunftskommission für die Weiterentwicklung unseres Schulwesens an der Zwei-Drittel-Barriere scheitern", erklärte SPÖ-Klubobmann Josef Cap.
Neben dieser zentralen Streitfrage gibt es noch weitere offene Fragen: So will Gehrer eine genauere Definition des Begriffs "Schulgeldfreiheit", soll doch auch künftig etwa für Nachmittagsbetreuung ein Elternbeitrag eingehoben werden können. Die Kirche will übrigens nun, nachdem sie ihrem Standpunkt nachhaltig Nachdruck verliehen hat, nicht mehr weiter in die Diskussion eingreifen. Ihr Grundanliegen, dass gewiss Grundsätze in der Schulfrage verfassungsrechtlich abgesichert bleiben, sei gehört worden, erklärte Schönborn.
Sowohl BZÖ wie auch Grüne sprechen sich übrigens naheliegenderweise für eine ersatzlose Streichung der Blockademöglichkeit durch die beiden Großparteien aus. Von den Kleinparteien ist nur Neo-FPÖ-Chef Strache für deren Beibehaltung.