Datenschutzrat entscheidet heute über umstrittenes binationales Abkommen.
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Wien. Es ist ein heftig umstrittener Deal, der da in naher Zukunft zwischen den Regierungen in Washington und Wien nach jahrelangen Verhandlungen zu einem Abschluss gebracht werden soll. Und höchst komplex ist er noch dazu. Konkret geht es um das "Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten", das US-Behörden Zugriff auf die Straftäterdatei "Ekis" der österreichischen Polizei und die dort gespeicherten Fingerabdrücke und DNA-Proben verschaffen soll. Sonst würde man für österreichische Staatsbürger die Visa-Pflicht einführen, lautete die unverhohlene Drohung.
Was für Datenschützer nach einem Alptraum klingt, ist für das zuständige Innenministerium nur halb so schlimm. Man habe mit den Amerikanern hart verhandelt und in mehreren Punkten Vorteile für Österreich "herausgeholt". Wie die Verhandler am Donnerstag gegenüber der "Wiener Zeitung" betonten, dürfen US-Beamte demnach nur im Ekis gespeicherte Fingerabdrücke oder DNA-Informationen "abgleichen". Namen oder Geschlecht dürfen nicht abgerufen werden, erläuterte ein Beamter. Mit einer Ausnahme: Sollte ein in den USA gesuchter Mörder oder Dieb auf Basis seines genetischen Codes, den er an einem Tatort hinterlassen hat, in der Wiener Datei aufscheinen, könne Washington über ein Rechtshilfeansuchen zusätzliche personenbezogene Daten anfordern.
Ein "Officer" für Österreich
Mit einem solchen "automatisierten Abgleich" könnten die Kriminalisten in der Verbrechensaufklärung Zeit sparen, betont man im Innenministerium. Demnach sind allein auf dem FBI-Computer rund sechs Millionen DNA-Proben sowie 65 Millionen Fingerabdrücke verurteilter, angeklagter oder verdächtiger Personen abgespeichert - und damit für die heimische Polizei zugänglich. Genauso haben auch US-Beamte auf Basis des Abkommens das Recht, unter 500.000 österreichischen Fingerprints nach "Treffern" zu suchen. Und zwar nur dann, wie es im Abkommen heißt, "wenn besondere, rechtsgültige Umstände in Bezug auf eine bestimmte Person Anlass zu Nachforschungen geben, ob diese Person eine Straftat begangen hat oder noch begehen wird". Erweist sich der Verdacht - etwa aufgrund eines Irrtums oder Freispruchs - als haltlos, ist die abfragende Partei verpflichtet, die geprüften Datensätze zu löschen. Ob sich die Amerikaner daran halten, ist eine andere Frage. "Wir haben in Washington einen Chief Private Officer als Kontaktmann, der das prüft", so das Ministerium.
Für den Datenschützer und Obmann der "Arge Daten", Hans Zeger, geht das Abkommen, das am Freitag im Datenschutzrat diskutiert werden soll, viel zu weit. Die Idee, Österreichs Datenschutzinteressen in Amerika von einem "Officer" schützen zu lassen, erscheint ihm genauso problematisch wie die im Abkommen definierten "Umstände", unter welchen sich ein Österreicher verdächtig machen könnte. Mit der Folge, dass seine Daten abgefragt werden. "Da reicht es, wenn man dort wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten wird", nennt Zeger ein Beispiel. "Der Polizist könnte vermuten, dass der Lenker eine Bank überfallen habe und deshalb zu schnell gefahren ist."
Ob das Abkommen am 2. Februar im Parlament ratifiziert wird, ist nicht sicher. "Das ist eine politische Entscheidung, die wir nicht beeinflussen können", erklärt der Vorsitzende des Datenschutzrates, Johann Maier (SPÖ). Zwar sei das Abkommen im Vergleich zu anderen EU-Staaten gut verhandelt worden. Geht es aber nach ihm, sollte sich Österreich mit der Ratifikation noch Zeit lassen. Es könnte nämlich sein, dass es doch zu einem Abkommen zwischen EU und USA kommt, meint Maier. "Da ist viel im Fluss."