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609 Delegierte wählen den SPÖ-Chef

Von Georg Hönigsberger und Vilja Schiretz

Politik

Die Stimmberechtigten am Bundesparteitag haben das Schicksal der Sozialdemokraten in der Hand. Wer sind sie?


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Die Entscheidung fällt am Bundesparteitag. Nach dem denkbar knappen Ergebnis bei der Mitgliederbefragung zum SPÖ-Vorsitz liegt es an den Delegierten beim außerordentlichen Bundesparteitag, zu bestimmen, ob der Vorsitzende der SPÖ künftig Hans Peter Doskozil oder Andreas Babler heißen wird. So sieht es das rote Parteistatut vor; das Parteipräsidium hat am Dienstag den 3. Juni als Termin bestätigt. Die amtierende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kündigte am selben Tag ihren Rückzug an, nachdem sie beim Votum der Parteimitglieder nur auf dem dritten und letzten Platz gelandet war.

Der in der Mitgliederbefragung knapp zweitplatzierte Traiskirchner Bürgermeister Babler hat seine Kandidatur am Parteitag bereits bekanntgegeben und wird sich einer Kampfabstimmung gegen den burgenländischen Landeshauptmann Doskozil stellen. Wer am Ende die Nase vorne haben wird, hängt also davon ab, wer in den kommenden Tagen die meisten der insgesamt 609 Delegierten von sich überzeugen kann.

Doch wer sind jene 609 SPÖ-Funktionäre, deren Stimmen laut Organisationsstatut schwerer wiegen als die von 147.993 Wahlberechtigten bei der Mitgliederbefragung?

Bezirke, Gewerkschaft und Sängerbund

Mit 350 Delegierten entfällt der größte Brocken auf die Bezirksorganisationen, 30 entsenden die Länder. Der gesamte 54 Mitglieder umfassende Bundesparteivorstand ist ebenso stimmberechtigt wie 17 Mitglieder der Kontrollkommission. Stark ins Gewicht fallen auch die Stimmen der Gewerkschaft, die 50 Delegierte zum Parteitag schickt, ebenso wie die der SPÖ-Bundesfrauen mit 30 Delegierten. Dazu kommt noch je eine Vertreterin der Frauenorganisation in jedem Bundesland. Der Parlamentsklub darf acht Delegierte wählen.

Eine einstellige Anzahl an Funktionären entsenden unter anderem auch die Sozialistische Jugend und die Junge Generation, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband, der Bund der Sozialdemokratischen AkademikerInnen, die SPÖ-Lehrer und -Bauern sowie die Motorradorganisation "Red Biker" und der Sängerbund.

Nicht mehr dabei sind heuer die Kinderfreunde, die Arge Sechzig Plus, die Mietervereinigung und die Arbeiterfischer. Sie haben seit dem letzten Parteitag ihren Status einer befreundeten Organisation zurückgelegt, heißt es aus der Parteizentrale. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb die Kinderfreunde Corona-Förderungen aus dem NPO-Fonds für gemeinnützige Organisationen erhalten durften, während etwa die Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend der ÖVP aufgefordert wurde, die Förderungen zurückzuzahlen.

Während diese Zahlen fix im Statut festgeschrieben sind, hängt die Anzahl der Delegierten, die Bundesländer und Bezirke entsenden dürfen, von der jeweiligen Mitgliederzahl ab. Im Normalfall wird diese für das Kalenderjahr vor dem Parteitag über die eingehobenen Mitgliedsbeiträge ermittelt, wobei Bundesländer auch festlegen können, für diese Erhebung den Mitgliederschnitt der letzten beiden Kalenderjahre heranzuziehen.

Üblicherweise wählen die einzelnen Organisationen ihre Delegierten jeweils im Vorfeld eines Parteitages. Das fällt diesmal weg: Da es sich um einen außerordentlichen Parteitag handelt, müssen dieselben Personen entsandt werden wie beim letzten regulären Zusammentreffen im Jahr 2021, als Pamela Rendi-Wagner mit nur 75,34 Prozent als Parteivorsitzende bestätigt worden war. Ersatz-Delegierte dürfen lediglich bestimmt werden, wenn eine Person verstorben ist oder aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung steht. Die Möglichkeit, ihre Delegierten je nach Sympathien für Babler oder Doskozil vor dem Parteitag neu zu wählen, haben die Parteimitglieder also nicht.

Geheime Wahl per Stimmzettel

Zudem ist im Organisationsstatut der Partei das Wahlgeheimnis geschützt: "Die Wahl des Bundesparteivorstandes ist mit Stimmzetteln vorzunehmen und erfolgt geheim", heißt es in § 58, der die Wahl des Bundesparteivorstandes und damit auch des Bundesparteivorsitzenden regelt.

Jeder Delegierte darf nur von einer Organisation entsandt werden, auch wenn diese Person mehrere Funktionen innehat, oder Mitglied mehrerer Teilorganisationen ist. Ist jemand etwa Teil des Bundesparteivorstandes und damit automatisch delegiert, darf diese Person nicht gleichzeitig für die SPÖ-Frauen oder den Parlamentsklub entsandt werden.