Höchste EU-Strafe gegen ein einzelnes Unternehmen. | Konzern erfüllt Auflagen seit Oktober 2007. | Brüssel. Rekordstrafe für den US-Softwaregiganten Microsoft: 899 Mio. Euro Bußgeld verhängte die EU-Kommission am Mittwoch wegen unzulässiger Behinderung seiner Mitbewerber. Konkret habe Microsoft gegen die Auflagen einer Kommissionsentscheidung aus 2004 verstoßen und von Konkurrenten bis Oktober 2007 zu hohe Lizenzgebühren für technische Informationen verlangt.
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Die jüngste Strafe ist die höchste jemals gegen ein einzelnes Unternehmen verhängte EU-Strafe. Auch die zweithöchste von 497 Mio. geht auf das Konto von Microsoft. Diese Strafe verhängte Brüssel bereits 2004 wegen Missbrauch seiner Marktmacht und verurteilte den Konzern dazu, zu akzeptablen Bedingungen präzise und vollständige Schnittstelleninformationen zur Verfügung zu stellen.
Diese werden von Softwareentwicklern benötigt, um ihre Programme mit dem Microsoft-Betriebssystem kompatibel zu machen, über das mehr als 90 Prozent der Server weltweit angesteuert werden. Darüber hinaus verlangte die Kommission, das Microsoft-Betriebssystem Windows auch ohne den hauseigenen Media Player auf den Markt zu bringen, weil das Gesamtpaket den Wettbewerb bei den Musik- und Filmabspielprogrammen unzulässig beeinträchtige.
Im Juli 2006 setzte es eine Folgestrafe von gut 280 Mio. Euro wegen fortwährender Nichteinhaltung der EU-Auflagen. Der US-Konzern hatte 2004 jedoch umgehend beim Europäischen Gerichtshof erster Instanz geklagt und lenkte erst nach dem Luxemburger Urteil zu Gunsten Brüssels im Oktober 2007 ein. Damit wurde auch die gut drei Jahre alte Strafe schlagend, die Bußgelder gegen Microsoft summieren auf einen Rekordbetrag von knapp 1,68 Mrd. Euro.
Es sei das erste Mal seit der Einführung der EU-Wettbewerbspolitik vor 50 Jahren, dass die Kommission eine Strafe wegen Nichteinhaltung einer Kartellentscheidung verhängen musste, sagte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Die Niederländerin stellte klar, dass sich das Bußgeld auf Vergehen in der Vergangenheit beziehe, und zwar auf die Zeit von Juni 2006 bis Oktober 2007. Seit dem EuGH-Urteil erfüllt Microsoft auch laut Kommission alle Bedingungen.
Microsoft will jetzt in die Zukunft blicken
Der weltgrößte Softwarekonzern erklärte in einer ersten Reaktion, er wolle die Kommissionsentscheidung prüfen und sich ansonsten vor allem auf die Zukunft konzentrieren. So hatte Microsoft-Chef Steve Ballmer erst letzte Woche einigermaßen überraschend einen grundlegenden Kurswechsel angekündigt.
Brüssel hatte auf diese Ankündigungen vorsichtig reagiert. Schließlich laufen seit Jänner zwei neue Untersuchungen gegen Microsoft. Sie beziehen sich auf erneut auf möglicherweise mangelhafte Schnittstelleninformationen des Microsoft-Betriebsystems Windows.