Für die Behauptung der US-Regierung, dass es Verbindungen zwischen dem Terrornetzwerk El Kaida und dem Irak gegeben habe - für Präsident George W. Bush war das neben den nie aufgefundenen Massenvernichtungswaffen einer der vordringlichen Gründe für die Invasion im Irak - gibt es keinen glaubhaften Beweis, stellte die 9/11-Untersuchungskommission, die die Hintergründe der Anschläge vom 11. September 2001 zu durchleuchten hatte, in einem jetzt veröffentlichten Bericht fest. Auch ein immer wieder kolportiertes angebliches Treffen zwischen Mohammed Atta, dem Chef der Selbstmordpiloten vom 11. September und einem irakischen Geheimdienstmann in Prag am 9. April 2001 hat nach Ansicht der Kommission nicht stattgefunden.
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Im ersten der beiden Berichte, den die Kommission am Mittwoch veröffentlicht hat, wird festgehalten, dass Osama bin Laden, der einst islamische Anti-Saddam-Kräfte in Kurdistan unterstützt hatte, auf Vermittlung der sudanesischen Regierung sich im Jahr 1994 im Sudan mit einem höheren irakischen Geheimdienstoffizier getroffen hat, sein Wunsch an den Irak, Ausbildungslager errichten zu dürfen und mit Waffen versorgt zu werden, wurde aber vom Irak nie beantwortet und auch nach bin Ladens Übersiedlung nach Afghanistan ist es trotz vereinzelten Kontakten nie zu einer Zusammenarbeit gekommen.
Die Kommission stellte auch fest, dass vor dem 11. September 2001 keine Regierung El Kaida finanziell unterstützt hat und dass man keine Hinweise dafür gefunden habe, dass die saudiarabische Regierung oder höhere Funktionäre innerhalb der saudiarabischen Regierung dem Terrornetzwerk Mittel zur Verfügung gestellt hat.
Aus den ihr vorliegenden Informationen zieht die Kommission den Schluss, dass bin Laden seit 1992 Angriffe auf die Vereinigten Staaten, die er den "Kopf der Schlange" nannte, geplant und vorbereitet hat. Den Plan für die Terroranschläge am 11. September 2001 hat er gemeinsam mit dem in Pakistan lebenden Kuwaiti Khalid Scheich Mohammed (KSM) ausgearbeitet, der sich in US-Haft befindet. Auf KSM waren die US-Geheimdienste im Zusammenhang mit dem ersten Anschlag auf das World Trade Center im Jahr 1993 aufmerksam geworden, hinter dem sein Neffe Ramzi Yousef als Drahtzieher stand.
Der ursprüngliche Plan bestand darin, zehn Flugzeuge zu entführen und mit ihnen gleichzeitig Anschläge auf amerikanische Einrichtungen in Asien, sowie an der amerikanischen West- und Ostküste zu verüben. Wegen organisatorischer Schwierigkeiten, wurde der Plan, sowohl in Asien wie auch in den USA zeitgleich zuzuschlagen, später fallen gelassen und auch der Termin für die Anschläge in den USA wurde immer wieder hinausgeschoben.
Osama Bin Laden wollte die Terrorwelle schon unmittelbar nach Ariel Sharons umstrittenen Besuch auf dem Jerusalemer Tempelberg am 28. September 2000 starten, KSM riet aber davon ab, weil die Selbstmordpiloten noch nicht ausreichend ausgebildet waren. Zwei weitere von bin Laden gewünschte Termine am 12. Mai 2001, sieben Monate nach dem tödlichen Anschlag auf das US-Kriegsschiff Cole, oder im Frühsommer 2001 anlässlich des Sharon-Besuches in den USA wurden aus den gleichen Gründen fallen gelassen.
Aus den Aussagen des engen Atta-Vertrauten Ramzi Binalshibh geht hervor, dass auch über die Terrorziele Uneinigkeit herrschte. Bin Laden hätte einen direkten Angriff auf das Weiße Haus jenem auf das Kapitol vorgezogen. Letztlich stürzte das für das Kapitol vorgesehene Flugzeug am 11. September 2001 nach einem Kampf zwischen Passagieren und Entführern in einem Feld südlich von Pittsburgh ab.
Auch Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe der Selbstmordpiloten, vor allem zwischen dem Kopf der Entführer, dem Ägypter Mohammed Atta und dem Libanesen Siad Jarrah, dem Piloten der bei Pittsburgh abgestürzten Maschine, hätten die Ausführung der Anschläge beinahe noch einmal zur Verschiebung gebracht.
Selbst in El Kaida-Kreisen waren die Terrorpläne nicht unumstritten. Einige höhere El Kaida-Funktionäre drängten bin Laden, auf den afghanischen Taliban-Chef Mullah Omar zu hören, der unter dem Druck aus Pakistan Angriffe auf Ziele in den USA nicht befürwortete. Aber bin Laden war fest entschlossen, die Anschläge in den USA durchzuführen. Er versprach sich davon einen stärkeren Zulauf zu El Kaida und erwartete sich auch, dass seine Terrorgruppe nach diesen Anschlägen noch mehr Geldmittel würde auftreiben können.
"New York Times" fordert Entschuldigung von Bush
Die US-Tageszeitung "New York Times" hat Präsident George W. Bush zu einer Entschuldigung für seine Behauptung aufgefordert, der Krieg gegen den Irak diene dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Nach der Feststellung des Kongress-Untersuchungsausschusses zum 11. September 2001, dass der damalige irakische Präsident Saddam Hussein keine Verbindungen zum Al-Kaida-Netzwerk unterhielt, müsse sich Bush dem amerikanischen Volk stellen, dem ein anderer Eindruck vermittelt worden ist, schrieb das Blatt in seinem Leitartikel.