Studenten werden nicht in die Mindestsicherung fallen. | Endausbau kostet laut Buchinger 650 Millionen Euro. | Wien. Sozialminister Erwin Buchinger hatte am Montag einen arbeitsreichen Tag. Am Vormittag tagte in seinem Ministerium zum ersten Mal die Arbeitsgruppe zur bedarfsorientierten Mindestsicherung, am Nachmittag jene zur 24-Stunden-Pflege zu Hause. In beiden Arbeitsgruppen sind vorerst keine Politiker, sondern ausschließlich Experten und Fachreferenten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen vertreten.
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Die Armutsbekämpfung steht laut Buchinger auf drei Pfeilern: der Vollbeschäftigung ("Arbeit ist noch immer der wirksamste Schutz gegen Armut."), der Existenzsicherung durch Vollarbeitszeit, wofür ein Generalkollektivvertrag mit einem 1000-Euro-Mindestlohn vorgesehen ist, und der bedarfsorientierten Mindestsicherung.
Diese soll in drei Schritten umgesetzt werden, erläuterte der Sozialminister. Den ersten Schritt hat der Bund bereits vollzogen. Die Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Pensionen auf 726 Euro brutto pro Monat seit Jänner 2007 kostet 118 Millionen Euro, die allein vom Bund getragen werden.
Der zweite Schritt wird die Anhebung der Notstandshilfe (derzeit etwa 100.000 Bezieher) sein. Dafür gibt der Bund 80 Millionen zusätzlich aus. Gleichzeitig mit diesem Schritt soll die Sozialhilfe auf diesem Niveau vereinheitlicht werden. Und da setzen auch die Verhandlungen mit den Ländern an.
Denn die Länder leisten derzeit unterschiedlich hohe Sozialhilfe und gewähren zusätzlich Mietkosten- und Heizkostenzuschüsse. Diese sind nicht vergleichbar, da alle Länder ihr eigenes System haben. Das soll sich künftig ändern: Alle Sozialhilfebezieher (im Jahresdurchschnitt etwa 120.000) sollen ab 1. Jänner 2009 mindestens 726 Euro monatlich erhalten. Buchinger geht davon aus, dass die Länder dafür etwa 100 Millionen Euro zusätzlich aufbringen werden müssen.
Gesetzlich sollte das bis Anfang Jänner 2009 umgesetzt werden, rechnet Buchinger. Die relativ lange Vorbereitungszeit führt der Sozialminister darauf zurück, dass die Ländervereinheitlichung eine Reihe an gesetzlichen Maßnahmen bedarf. Nicht zuletzt muss zwischen dem Bund und den Ländern ein 15-a-Vertrag aufgesetzt werden, der nicht zuletzt die Finanzierung regelt.
Erst in einem dritten Schritt wird ein Mindestsicherungsmodell für Teilzeitarbeitskräfte und andere Sonderfälle entwickelt. Der Vollausbau wird dann etwa 650 Millionen Euro kosten, sagte Buchinger.
Studenten werden nicht in den Genuss der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommen. Denn bei der Mindestsicherung wird, wie Walter Pfeil von der Universität Salzburg erklärte, an vorhandene Strukturen angeknüpft. Also Pensionisten werden von der Pensionsversicherungsanstalt betreut, arbeitsfähige Menschen vom AMS. Studenten erhielten derzeit keine Notstandshilfe. So werde das auch in Zukunft gehandhabt werden. Für Studierende sei die Studienbeihilfe da, sagte Pfeil, der einer von 50 Experten in der Arbeitsgruppe für die Mindestsicherung ist.
Mit ein Ziel bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist der Ausbau der Krankenversicherung. In Zukunft sollen alle Menschen in Österreich krankenversichert sein.
Erste Berichte der fünf Untergruppen erwartet Buchinger am 25. Mai, bei der Sozialreferententagung am 26. Juni soll dann ein "möglichst gediegenes Zwischenergebnis" vorliegen.
Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger hat aber bereits weitere Kostenübernahmen im Pflege- und Sozialbereich kategorisch ausgeschlossen. Die städtischen Budgets seien "seit Jahren äußerst angespannt", sagte er.