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Ab in die Gemüsekiste!

Von Elisabeth Corazza

Wirtschaft

Wolfgang Mitter in Breitenfurt, Bezirk Mödling, versorgt Biogenießer mit frischen Lebensmitteln vorwiegend aus der eigenen Landwirtschaft und der nahen Region. Die verwöhnte Kundschaft braucht für den Einkauf nicht einmal einen Schritt vor die Haustüre zu setzen, denn die über Internet bestellte Frischware kommt mittels Kisterl-Lieferung direkt nach Hause.


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Wolfgang Mitter ist so etwas wie ein moderner Aussteiger, ein Umsteiger. Mehr noch: ein totaler Neustarter. 15 Jahre hat der gebürtige Steirer bei einem schicken Plastikuhrenhersteller in der Schweiz gearbeitet, bis er sich 2001 als 36-Jähriger selbständig machen wollte. Und weil seine Ambitionen und Ansprüche groß sind, sollte sein neues Tun gar "etwas Sinnvolles" sein. Mit Landwirtschaft und Biozeug hatte der großgewachsene, kurzbehaarte Mann bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts am Hut. Das Bäuerliche wurde ihm aber kurzerhand von seinem Vater Horst Mitter, Biopionier und Demeterspezialist, beigebracht.

Frischzeug-Abo

Wenn die meisten seiner Kunden noch wohlig in den Federn schlummern, beginnt für Wolfgang Mitter um 5 Uhr 15 der Arbeitstag. Egal zu welcher Jahreszeit und Witterung, die mehr oder weniger umfangreichen Bestellungen von 1200 Kunden wollen pünktlich und akkurat kommissioniert ausgeliefert werden. Vier Kühlwagen stehen für die frische Fracht bereit und rollen täglich von St. Pölten bis zum Semmering sowie in alle Wiener Bezirke "diesseits der Donau" von Haustür zu Haustür.

"Pro Fahrer und Tour werden durchschnittlich 144 Stockwerke oder 1480 Stufen bewältigt", schmunzelt Mitter. "Am Anfang hatte ich großen Respekt vor den Ausfahrten. Ich habe mich früher in Wien ja überhaupt nicht ausgekannt, und von GPS-Ausstattung war in unserem kleinen Betrieb noch keine Rede. Mit 24 Kunden habe ich angefangen, nach zwei Jahren waren es bereits 450 Ausfahrten. Wir hätten das Potenzial für 2500 Lieferungen, der Bedarf steigt."

13 verschiedene Kisterl-Arrangements in drei verschiedenen Größen stehen den Bio-Abonnenten zur Auswahl. Die meisten Kunden sind Privatpersonen, aber auch in Kindergärten, Schulen und Firmen kommt die Gemüse- und Obstzustellung gut an. "Wir bekommen viele Rückmeldungen von unseren Abonnenten und sehen dadurch, wo wir uns verbessern müssen. Auch bieten wir ständig neue Produkte an, weil sich die Bedürfnisse ja auch ändern", weiß Mitter.

Naturkostladen im Internet

Während der riesige Berner Sennenhund Enzo den halben Fußboden des winzigen Büroraums gemütlich am Boden liegend füllt, erreichen Sabine Mitter die ersten morgendlichen Bestellungen telefonisch und übers Internet. Ein Kunde will eine Flasche Bio-Rotwein in seiner Kiste haben, eine Anruferin will wissen, ob es bereits Melanzani und würzige Kräuterpflänzchen gibt. "Für die meisten unserer Kunden besteht der Reiz unserer Ökokiste, dass sie regelmäßig mit neuen Inhalten überrascht werden. Wenn sie Austernpilze, Fenchel oder Erdbeeren in ihrer Kiste finden, müssen sie sich bei der Planung der Zubereitung damit auseinandersetzen und können so ganz neue Gerichte und Geschmäcker erleben. Früher hätte ich nicht gewusst, was ich mit Brokkoli anfangen soll, und Melanzani hätte ich nicht einmal angeschaut. Das hat sich geändert", lacht der Geschäftsmann. Um restlos ratlosen oder ewig neugierigen und experimentierfreudigen Kunden ein wenig unter die Arme zu greifen, liegt jeder neuen Lieferung eine aktuelle Rezeptempfehlung bei.

Langsam wird es lebendig am Bio-bauernhof in Breitenfurt. Im eigens für die Kisterl-Organisation errichteten Gebäude unterhalb des Hofes schlichten zwei Frauen und ein Mann Gemüse und Obst in die grünen Plastikbehältnisse. Sie hören Radio und unterhalten sich entspannt, während eine dritte Frau verschiedene Käse abwiegt und verpackt. Gelegentlich holt sie aus einem der beiden Kühlräume ein Joghurt, eine Flasche Rohmilch, die von einem nahen Bauernhof stammt, oder ein Stück Butter. An den Wänden hängen die Ausfahrtpläne für die Fahrer, und in einem Stadtplan von Wien stecken bunte Fähnchen als Erinnerung an die Anfangszeit.

Wolfgang und Sabine Mitter wirken zufrieden mit ihrem Berufsumstieg in die Biobranche. Das umfangreiche Wissen, das sie dafür benötigen, kommt von Horst Mitter, der den Biobauernhof bereits seit 1982 gepachtet und im Jahr 2000 der Staatsdruckerei abgekauft hat.

Demut vor Demeter

Der heute 69-jährige Senior-Mitter war ebenfalls Aussteiger, allerdings mit familiär bereits vorhandenem landwirtschaftlichem Wissens- und Erfahrungshintergrund, als er sich vor 29 Jahren in Breitenfurt, südwestlich von Wien, auf dem acht Hektar großen Bauernhof niedergelassen hat. Seither baut er nicht nur biologisches Obst- und Gemüse an, nein, er hat sich den strengen Vorgaben des weltweit anerkannten und seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aktiven Demeter-Verbandes angeschlossen.

Alle Produkte seines Hofes, wie Kohlrabi, Zucchini, Paradeiser, Salate oder Rote Rüben werden nach ganz bestimmten Richtlinien behandelt. "Man kann sich das so vorstellen wie die Homöopathie in der Medizin. Bestimmte Präparate werden in minimalen Dosen in die Erde und den Kompost eingebracht und wirken so über die Pflanze auf den Menschen. Impfe ich beispielsweise eine Kompostmiete im Herbst mit einer stark verdünnten Tinktur, werden Sie im Winter, wenn Schnee darauf gefallen ist, die Impfstellen daran erkennen, dass der Schnee ein wenige eingesunken und weniger dicht ist. Hier arbeitet die Substanz und breitet ihre Wirkung aus", erklärt der Demeter-Fachmann.

Solcherart gewachsenes Gemüse hat eine spezielle Qualität, die die strengen Biovorgaben sogar übertrumpft. "Damals, als ich noch auf der Suche nach einer geeigneten Betätigung als Selbständiger war, hatte ich mit meiner Frau Sabine bei meinem Vater in Breitenfurt Urlaub gemacht. Wir haben die Tomatenpflänzchen in den Folientunneln gesehen und deren starkes Aroma eingeatmet. Der Salat, den wir abends daraus machten, hat mich überzeugt. Es war der riesige Unterschied im Geschmackserlebnis, der mich auf diese Geschäftsidee brachte, diese Qualität auch anderen Menschen zur Verfügung zu stellen", erinnert sich Wolfgang Mitter.

Einkaufen im echten Laden

Immer wieder fährt ein Auto vor im schönen, alten Hofteil, in dem sich auch eine Schar von Hennen und eine stattliche Anzahl von Hähnen tummeln. Es gibt auch Kunden, die nahe genug wohnen, um persönlich im Hofladen einkaufen zu gehen. Der kleine Hofladen bietet dafür eine ansehnliche Auswahl von selbst erzeugtem Gemüse und Obst. Auch Eier, Milch, Brot und diverse andere Genussmittel wie Honig, Käse, Fleisch und Wurst sind hier zu haben.

Vor dem Geschäft zupft Margit Eisler, Horst Mitters Frau, Verwelktes aus den Jungzwiebeln und wässert die herangezogenen Ringelblumenpflänzchen, während Ingrid Huber, die Verkäuferin im Laden, den Kunden Käse zur Verkostung reicht und auf einer wunderbaren alten, roten Waage Gemüse abwiegt. Wenn da nicht das Internet und die virtuelle Ökokisten-Ladenwelt wäre, man möchte meinen, man befinde sich hier in einer vergangenen Zeit.

Mitter’s gesunde Öko-Kiste: Römerweg 14a, 2384 Breitenfurt, Telefon: 02239/342 81, Fax: 02239/342 814, E-Mail: office@biomitter.at, Web: www.biomitter.at