Die komplexbeladene Identitätssuche der Österreicher wird durch die amerikanischen Zwischenwahlen abrupt unterbrochen. Der "Governator" Arnold Schwarzenegger geht.
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Da österreichische Helden in Österreich zu Lebzeiten zumeist verkannt werden und frühestens nach ihrem Tod zu Ehren kommen, leidet das Alpenvolk an selbstverursachten Mangelerscheinungen: Die österreichische Identität wirkt vitaminarm. Viele Menschen spüren das und beschaffen sich auf Umwegen Ikonen, um innerlichen Halt zu finden.
Die glorreiche Vergangenheit dieses Landes bietet eine Möglichkeit dazu, und wirklich werden diesbezügliche Quellen regelrecht ausgebeutet und versiegen dennoch nie. Der zweite Kunstkniff besteht darin, sich an Österreicher heranzumachen, die im Ausland groß geworden sind. Wer solches schafft, der muss ja etwas draufhaben, also ist sogar seine eigene Sippe bereit, das Weihrauchfass zu schwingen, zumal sie sich dabei selber beweihräuchern kann.
Arnold Schwarzenegger, 2003 erstmals zum Gouverneur von Kalifornien und somit eines amerikanischen Bundesstaates gewählt, hat in seiner Regierungszeit die Anhänglichkeit der umfangreichen Verwandtschaft erfahren, möglicherweise sogar genossen, gewiss aber auch ihre Volatilität durchschaut. Das Liebeswerben, das von steirischen Landesfürsten ausging und bis in die Niederungen der lokalen Sportwelt Pulsjagen verursachte, war so lange eindrucksvoll, bis es dem angehimmelten Muskelmann, Terminator und zum aufgeklärten Absolutismus neigenden Politiker jenseits des großen Wassers schlicht zu blöd wurde. Warum sollte er sich auch bloß deshalb, weil er das Gnadengesuch des Mörders Stanley Williams ablehnte und ihn zur Exekution freigab, von Österreichern kritisieren lassen? Sein rotweißroter Pass zählte in dem Fall deutlich weniger als der amerikanische. Er entzog der Stadt Graz das Recht, seinen Namen zu verwenden, worauf derselbe grollend vom Arnold Schwarzenegger-Stadion gelöscht wurde. Die Botschaft war klar - seine ehemaligen Stammesmitglieder sollten mit seinem Namen nicht Schindluder treiben.
Diese Wunden von 2005 scheinen inzwischen verheilt, zumal der Gouverneur von Kalifornien in den letzten Jahren seiner Amtszeit wahrlich andere Sorgen hatte. Die Immobilienkrise hatte Amerikas Vorzeige-Teilstaat in eine Finanzkrise gestürzt, die Schwarzenegger zu Maßnahmen trieb, die aus steirischer und österreichischer Sicht mindestens gleich schlimm erscheinen könnten wie Herzlosigkeit gegenüber Delinquenten. Der Gouverneur schickte seine Beamten auf unbezahlten Zwangsurlaub, um das 19-Milliarden-Defizit im Staatshaushalt einigermaßen zu sanieren. Man sieht, wohin selbst ausgewanderte Österreicher treiben, wenn sie in die Mühle des Wirtschaftsliberalismus geraten.
Aber so schlimm war Arnie auch wieder nicht - selbst unter US-Präsident George W. Bush, seinem republikanischen Parteifreund, hat er Umweltschutzkonzepte entworfen, die in ihrer Rigidität und Wirksamkeit an die oberösterreichische Anti-Temelin-Politik heranreichten. Hoch Arnie, er wird, wenn seine zweite Amtszeit im Jänner 2011 abgelaufen ist, gewiss wieder in Graz vorbeischauen und sich überzeugen, wie weit die Umgestaltung seines Geburtshauses in Thal bei Graz zu einem Schwarzenegger-Museum gediehen ist. Ein paar Hanteln, mit denen er Muskeln gebildet hat, fehlen noch als Ausstellungsstücke. Der rote Teppich liegt längst bereit - wenigstens im Museum haben wir den Terminator ganz für uns.
Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".