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Ab jetzt gehts um sehr, sehr viel Geld

Von Walter Hämmerle

Politik

Molterer strebt grundlegende Strukturreform an. | Mehr Steuerautonomie und Nulldefizit für die Länder. | Streitobjekt Wohnbauförderung. | Wien. Mangelnden Ehrgeiz kann man in diesem Fall der Bundesregierung sicher nicht nachsagen: Nicht mehr und nicht weniger als eine vollständige Reform des bestehenden Finanzausgleichssystems strebt Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) bei den heute, Donnerstag, beginnenden Verhandlungen mit den Vertretern von Ländern und Gemeinden an.


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Und da Verhandlungen dieser Art stets auch ein bisschen mit Tarnen und Täuschen zu tun haben, lud der Herr über die Bundesfinanzen am Mittwoch eine Schar handverlesener Journalisten zum Hintergrundgespräch, um die ganze breite Palette seiner Wünsche und Forderungen an die Gegenseite zu präsentieren. Auf dass sich im Laufe der Gespräche das politische Machbare vom Wünschbaren trenne.

Und Molterer geizte nicht mit ehrgeizigen Zielen, wie die Mittel für die Jahre 2008 bis 2011 aus seiner Sicht effizienter, zielorientierter und nicht zuletzt auch gerechter verteilt werden könnten. Dabei geht es insgesamt um ein Volumen von 280 Milliarden Euro.

Viele Wünsche an die Länder

So drängt der Finanzminister auf eine Strukturreform, die die Verantwortung von Ausgaben und Einnahmen auf Seiten der Länder stärker zusammenführen soll. Derzeit ist es so, dass die Länder (ohne Wien) ihre Ausgaben nur zu 1,5 Prozent mit eigenen Steuereinnahmen decken können - bei den Gemeinden beträgt dieser Anteil 48 Prozent, Wien in seiner Doppelrolle als Gemeinde und Land kommt auf 23 Prozent.

Molterer schweben hier eigene Länderabgaben in Bereichen vor, wo eine geringe Mobilität bestehe, etwa Aufschläge auf Grundabgaben. Einem Steuerwettbewerb zwischen den Ländern erteilt der Minister eine Absage. Unter dem Punkt Strukturreform will Molterer auch das Thema Verteilungsgerechtigkeit - Stichwort finanzschwache Gemeinden - aufs Tapet bringen, außerdem sollen die bestehenden Transferzahlungen in automatische Ertragsanteile (siehe Kasten unten) umgewandelt und das aktuelle Melderegister soll künftig als Grundlage für die Feststellung der Bevölkerungsgröße herangezogen werden.

Grundlegende Änderungen will der Bund auch beim nationalen Stabilitätspakt. Dieser sieht derzeit einen ausgeglichenen Haushalt nur für den Gesamtstaat vor, während er dem Bund ein Defizit zugesteht, das durch einen Überschuss der Länder ausgeglichen wird. Mittel- bis langfristig sollen Bund, Länder und Gemeinden jeweils ausgeglichene Haushalte vorlegen.

Außer Streit stellte Molterer die Transferzahlungen für die Wohnbauförderung der Länder. Diese Mittel, rund 1,8 Mrd. Euro jährlich, sollen künftig auch für konkret definierte andere Zwecke verwendet werden, etwa für den öffentlichen Nahverkehr oder den Bereich "Klima und Energie".

Druck machen will der Vizekanzler auch in Sachen Staats- und Verwaltungsreform. Allein durch die beharrliche Nicht-Umsetzung der Pensionsreform des Bundes in manchen Ländern werde ein jährliches Einsparungspotenzial von 200 Millionen nicht ausgenutzt. Zudem sollen die bisherigen Ergebnisse der Verwaltungsreform in den Finanzausgleich einfließen.

Und natürlich will Molterer auch all jene offenen Fragen klären, weshalb die Finanzausgleichsverhandlungen überhaupt vorgezogen wurden: Wie werden etwa die soeben erst beschlossene 24-Stunden-Pflege und die Mindestsicherung finanziert - beide fallen in die Kompetenzen der Länder. Auch der Finanzbeitrag des Bundes für die bereits "verländerten" Bundesstraßen muss nun neu ausverhandelt werden. Seite 12