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Abbas wirbt für seinen Staat

Von Ines Scholz

Politik

"Palästinenser können nicht ewig warten." | Ramallah/Tel Aviv. In vier Monaten ist es soweit. Ende September will die Palästinenserführung die UNO-Generalversammlung offiziell ersuchen, einen unabhängigen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 - sprich dem Westjordanland einschließlich Ostjerusalem sowie dem Gazastreifen - anzuerkennen.


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Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas rührt bereits jetzt kräftig die Werbetrommel für seine UN-Initiative. "Wir können nicht ewig warten, während Israel immer mehr Siedler in das Westjordanland schickt, vor allem nach Ostjerusalem", schrieb Abbas in einem am Dienstag erschienenen Kommentar für die "New York Times", in dem er für die Unterstützung seines Projektes warb. Als UN-Mitgliedsstaat hätten die Palästinenser auch bessere Möglichkeiten, Israels Besatzungspolitik vor internationalen Schiedsstellen zu bekämpfen, statt wie bisher ausschließlich auf politischer Ebene, heißt es dort.

Die Hoffnung auf ein Friedensabkommen mit Israel einschließlich einer einvernehmlichen Zwei-Staaten-Lösung hat die Regierung in Ramallah längst aufgegeben. Die Palästinenser, die ohnehin bereits auf 78 Prozent ihrer "historischen Heimat" Palästina verzichtet hätten, hätten zwei Jahrzehnte mit Israel ergebnislos um eine Friedenslösung gerungen, betonte Abbas in dem Beitrag. Auch eine Breitseite gegen die USA konnte er sich nicht verkneifen. Washington habe seine Nahost-Friedensoffensive der israelischen Siedlungspolitik geopfert, kritisierte der Fatah-Politiker.

Netanyahu bei Obama

Das Datum für seines Werbeoffensive kommt nicht von ungefähr. Am Freitag empfängt Präsident Barack Obama den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu im Weißen Haus. Netanyahu, ein ultrarechter Hardliner, hat bereits klargestellt, dass er dem "UN-Diktat" rein gar nichts abgewinnen kann. Tel Aviv beharrt auf einem israelisch-palästinensischen Friedensvertrag als Vorbedingung für einen Palästinenserstaat, ohne Ramallah in heiklen Fragen wie der Flüchtlingsproblematik, dem Siedlungsbau oder dem Ostjerusalem-Streit auch nur andeutungsweise entgegenzukommen. Darüber hinaus hat Netanyahu erst kürzlich erklärt, Abbas sei seit der Versöhnung seiner Fatah-Partei mit der Hamas für ihn kein Friedenspartner mehr. In Washington will sich Netanyahu Rückendeckung für seine Position holen. Obamas Nahost-Sondergesandter George Mitchell, der den Friedensprozess in Gang bringen sollte, hatte erst am Freitag ob der Ausweglosigkeit eines solchen Unterfangens seinen Posten hingeworfen.

Beobachter spekulieren, dass Israels Inflexibilität den arabischen Frühling in die Palästinensergebiete tragen könnte. In palästinensischen Internetforen wird bereits eine dritte Intifada heraufbeschworen, am Wochenende hatten Palästinenser an der Grenze zum Libanon und zu Syrien unbewaffnet gegen ihre Vertreibung aus Israel protestiert - und wurden von israelischen Sicherheitskräften beschossen. 21 Demonstranten starben. In Ägypten forderten Solidaritätsgruppen ihre Regierung bereits lautstark auf, die Beziehungen mit Israel abzubrechen, so lange die Besatzung weitergeht.