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Abchasien: Russland sichert Einfluss

Von WZ-Korrespondent Axel Eichholz

Europaarchiv

Marinestützpunkt für Schwarzmeer- flotte geplant. | Kein Ersatz für Sewastopol. | Moskau. Russland will einen Marinestützpunkt in Abchasien einrichten. Wie die quasi amtliche Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf den Führungsstab der russischen Seestreitkräfte mitteilte, sollen die Arbeiten im abchasischen Küstenort Otschamtschira schon in diesem Jahr beginnen.


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Der Ort liegt 90 Kilometer von der Hauptstadt der selbsternannten Republik Suchumi und 50 Kilometer von der georgischen Grenze am Fluss Inguri entfernt. Früher waren dort kleine Küstenwachschiffe des ex-sowjetischen Grenzschutzes stationiert. Die Infrastruktur sei noch teilweise erhalten, heißt es.

Bisher war nur von zwei russischen Landstützpunkten in Abchasien die Rede. Einer davon soll in Gudauta entstehen und als Trainingsbasis für Marineflieger dienen. Die neue Entscheidung wurde in Suchumi vorbehaltlos begrüßt. "Je größer die russische Militärpräsenz, desto fester sind die Garantien unserer Sicherheit", erklärte der Außenminister der nur von Russland und Nicaragua anerkannten Republik, Sergej Schamba. Der russische Marinestab begründete seinen Schritt mit der "bestehenden Gefahr von Sabotage- und Terrorakten durch georgische Geheimdienste".

Nach Meinung des Experten Andrej Frolow vom russischen Zentrum für strategische und technologische Analysen möchte Moskau die von der russischen Marine kontrollierte Küstenlinie in Richtung Georgien ausdehnen. Der Hafen von Otschamtschira soll ausgebaut werden, damit Schiffe aller Klassen, darunter Kreuzer, große Landungsschiffe und sogar U-Boote der Schwarzmeerflotte ihn anlaufen können. Besser wäre für diesen Zweck Suchumi geeignet, weil das Meer vor Otschamtschira flach sei, was einen Riesenumfang an Baggerungsarbeiten voraussetze, meint Experte Frolow. Klar sei, dass der neue Stützpunkt in Abchasien die Flottenbasis in Sewastopol auf der Krim nicht ersetzen könne, falls die Ukraine den Stationierungsvertrag 2017 wirklich kündigen sollte. Es gebe freilich einen großen Unterschied zwischen der Bauankündigung und deren Umsetzung, so Frolow.

Tiflis: Okkupationsplan

Tiflis reagierte erwartungsgemäß scharf. "Russland besitzt keinerlei wirtschaftliche, moralische oder andere Rechtsmittel, um einen Militärstützpunkt in Abchasien zu schaffen", erklärte der Vorsitzende der "Zeitweiligen Kommission für territoriale Integrität" des georgischen Parlaments, Schota Malaschchia. Georgien werde bei internationalen Gerichten sowie bei der UNO und der EU gegen das Vorgehen Russlands in annektierten georgischen Gebieten klagen. Der georgische Staatsminister Temuri Jakobaschwili bezeichnete die Erklärung des russischen Marinestabs als einen "Teil des russischen Okkupationsplans".

Damit hat der georgische Minister offenbar nicht ganz Unrecht. Montag ernannte der russische Präsident Dimitri Medwedew den Sonderbotschafter Alexander Golowin zu seinem Sonderbeauftragten für die Grenzziehung in der GUS, Georgien, Abchasien und Südossetien. Bisher hatte dieser sich mit einschlägigen Problemen im Kaspischen, Asowschen und Schwarzen Meer befasst. Russland wolle seine Grenzen mit Abchasien und Südossetien verbindlich festlegen, sagte ein nicht genannter Vertreter des russischen Präsidialamts der Tageszeitung "Vedomosti".