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Abend: Ja - Heilig: Nein

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Nur wer an das Christkind glaubt, regt sich über die Bestellung Niko Pelinkas zum Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz auf. Besonders unglaubwürdig ist die Empörung, die aus dem ORF selbst kommt. Das öffentlich-rechtliche Medienunternehmen wird seit Jahrzehnten von den politischen Parteien kontrolliert. Roter Kanzler - roter ORF-Chef. Schwarzer Kanzler - schwarzer ORF-Chef. Alles daneben und darunter ist eine Art fein ziselierte Proporz-Redaktion. Schwarzer Chefredakteur da, roter Chefredakteur dort - und so weiter.

Wo blieb denn der Aufschrei, als erst vor wenigen Monaten die Landeshauptleute die Direktoren der ORF-Landesstudios selbst aussuchen konnten?

Die nun dermaßen empörte Volkspartei spielte dabei recht routiniert mit. Und dass der Finanzchef des ORF ein Schwarzer ist, dürfte ja wohl auch etwas mit Politik zu tun gehabt haben. Dass sich der Generaldirektor eines für österreichische Verhältnisse großen Unternehmens jemanden in seine unmittelbare Umgebung setzt, dem er vertraut und der den Betrieb kennt - das ist ja wohl keine große Überraschung.

Die Aufregung um Niko Pelinka hat also viel mit der Lust am Intrigieren zu tun, und wenig mit der Lust am Gestalten. Beim ORF gäbe es wahrlich einiges besser zu machen, und ob es klug war, dem Unternehmen die Gebührenerhöhung (an der auch die Bundesländer mitverdienen) zu bewilligen, das wäre durchaus eine intensive Debatte wert gewesen.

Und während sich die politische Republik an der Bestellung eines ORF-Büroleiters reibt, wird sang- und klanglos die Telekom Austria einem Spekulanten zum Fraß vorgeworfen. Finanzministerin Maria Fekter, die den Investor Ronny Pecik zuerst lobte, nennt ihn nun - nach massivem Druck - unfreundlich.

Wie geht es weiter? Niemand weiß es.

Die Aufregung um Pelinkas Bestellung erinnert an die jüngste Debatte über die Töchter in der österreichischen Bundeshymne. Eher zufällig entstanden, beteiligten sich alle mit großer Verve daran (auch der ORF). Mit den tatsächlichen politischen Herausforderungen des Landes hat das alles herzlich wenig zu tun. Es ist nur ein erneuter Beweis dafür, dass die Qualität des politischen Diskurses in Österreich eher mittelgut ist. Über die Feiertage verdrängen wir das am besten...