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Abfall als gefragtes Wirtschaftsgut

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Mülltrennen bringt nicht nur Umwelt-Vorteile. | Recycling kommt Betrieben in der Produktion billiger. | Wien. Pro Jahr verursacht ein Österreicher rund 444 Kilogramm Haushaltsmüll. Vor zehn Jahren waren es noch um fast hundert Kilogramm weniger. Damit gehört Österreich zu den größten Müllverursachern in der EU. Zurückzuführen ist das laut der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO) auf das gesteigerte Konsumverhalten in wohlhabenden Ländern.


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In der Ökobilanz schlagen sich die Müllberge dennoch nicht zu Buche. "Das hohe Abfallaufkommen wird durch das vorbildhafte Recyclingverhalten in Österreich wieder ausgeglichen", unterstreicht Christoph Haller von der WKO-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik. Er duldet eine Wegwerfgesellschaft, solange die Recycling-Moral stimmt.

Im EU-Vergleich belegt Österreich bei der Wiederverwertung von Papier und Glas gemäß einer WKO-Erhebung einen der vordersten Plätze. Bestätigt wird diese "vorbildhafte, langjährige Trenn-Moral" von Altstoff Recycling Austria (ARA). Im Durchschnitt werden 20 Prozent der Haushaltsabfälle getrennt - die Sammelquote pro Kopf stieg seit 1998 von 94 Kilogramm auf 117 Kilogramm im Jahr 2007.

Ersatzrohstoff Müll

Hinter dem Trennen von Müll stehen aber längst nicht nur mehr ökologische Motive, sondern zunehmend auch wirtschaftliche. WKO-Expertin Petra Wieser spricht in diesem Zusammenhang von einem regelrechten "Nachfrageboom nach dem Ersatzrohstoff Müll". So bedeute etwa das Recycling von Alt-Kunststoff einen niedrigeren Arbeits- und Energieaufwand als die Neuproduktion. In Zeiten knapper Primärrohstoffe ließe sich Abfall als Wirtschaftsgut bestens verwerten.

Nicht nur Energie, auch andere Ressourcen könnten gespart werden, erklärt ARA-Vorstand Christian Stiglitz. Für die Papierherstellung müssten dadurch etwa weniger Bäume gefällt werden. Weiters sei weniger Energie für die ansonsten energieintensive Zelluloseherstellung erforderlich.

"Auch Schrottverwendung braucht weniger Energie als Stahlherstellung", betont Stiglitz. Im Durchschnitt wird zur Produktion die Hälfte des Altmaterials eingesetzt.

Wer auf Recycling setzt, muss zuvor jedoch auch in die erforderlichen Technologien investieren. Als bekanntes Beispiel für den Kunststoffbereich gilt ein gemeinsames Projekt ansonsten konkurrierender österreichischer Getränkehersteller. "Sie haben zur Wiederverwertung von alten PET-Flaschen eine separate Recyclinganlage im Burgenland errichtet", berichtet Wieser. Auch der oberösterreichische Stahlseil-Hersteller Teufelberger verarbeitet alte PET-Flaschen - allerdings zu Industrietextilien.

Schlecht bei Kyoto

Neben Abfallrecycling ist auch der hohe Anteil an erneuerbaren Energien und das gute Umweltmanagement der Betriebe ausschlaggebend dafür, dass die WKO Österreich in Sachen Umweltschutz im EU-Vergleich an der Spitze sieht. Ein wesentliches schlechteres Zeugnis gibt es hingegen in Bezug auf das Kyoto-Ziel. In dem Ranking der WKO nimmt Österreich den schlechtesten Platz ein. Die größten Hindernisse lägen in der kurzfristigen Ausrichtung der Politik auf Regierungszyklen und der fehlenden Koordination zwischen Politikbereichen.