Zum Hauptinhalt springen

"Abfederungen" reichen nicht aus

Von Brigitte Pechar

Politik

Die erste große Debatte im Nationalrat zum Regierungsentwurf für das Budget 2001 stand gestern im Zeichen der Opposition, die heftige Kritik an der "sozialen Unausgewogenheit" der Maßnahmen übte. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer sprach von einem "Schröpfkurs" der Regierung, Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen bezichtigte Finanzminister Karl-Heinz Grasser der Unwahrheit, wenn er behaupte, es würden keine Einkommensbezieher unter 30.000 Schilling belastet. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer verteidigte den eingeschlagenen Weg des Schuldenabbaus.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Haushalt für die kommenden beiden Jahre sieht für 2001 eine Ausgabensteigerung auf 813,5 Mrd. Schilling vor, 2002, im Jahr des gesamtstaatlichen Nulldefizits, ist dann ein Rückgang auf 804,8 Mrd. Schilling vorgesehen. Die Beschlussfassung im Nationalrat erfolgt am 6. Dezember.

"Gestern war der Tag der Täuschung, heute ist der Tag der Wahrheit oder ein schlechter Tag beginnt mit der vollen Belastung", eröffnete SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer die erste Generaldebatte über den Budgetentwurf. Für ihn reichen auch die versprochenen "Abfederungen" nicht aus: "Erst werden die Menschen geteert und dann wird über das Abfedern gesprochen, das nichts anderes ist, als die Menschen zu rupfen." Aus dem Budgetentwurf Grassers gehe auch nicht hervor, dass es ein Ende des Schuldenmachens gebe.

ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll sprach von einem "historischen Neubeginn der Finanzpolitik in Österreich". Die SPÖ werde als die "größte Schuldenmacherpartei" in die Geschichte eingehen.

FP-Budgetsprecher Gilbert Trattner verteidigte den Budgetentwurf. Ein ausglichenes Budget sei kein Selbstzweck, sondern sichere den Wohlstand kommender Generationen. Gleichzeitig unterstrich er, dass 75% der Arbeitnehmer und der Pensionisten durch die Sparmaßnahmen nicht betroffen seien.

Der grüne Klubobmann Alexander Van der Bellen übte heftige Kritik an der Budgetrede Grassers, diese hätte viele Ungereimtheiten und offensichtliche Unwahrheiten beinhaltet. Es sei falsch, wenn die Regierung behaupte, dass die kleinen Einkommen nicht belastet würden. Dabei erinnerte er daran, dass der Arbeitnehmer-Absetzbetrag halbiert werde und die Familien-Zuschläge beim Arbeitslosengeld gesenkt würden. Kritik gab es von Van der Bellen für den Finanzausgleich. Die Länder trügen zwar ein wenig zur Konsolidierung bei, Strukturreformen würden dafür unterlassen.

Vizekanzlerin Riess-Passer verwies neuerlich auf das "Rekorddefizit", das die SPÖ hinterlassen habe und verwies auf die Verantwortung, diese Schulden abzubauen.

Der frühere Finanzminister Rudolf Edlinger betonte, dass in den vergangenen 30 Jahren "Österreich von einem europäischen Hinterhofland zu einem der reichsten Länder Europas geworden ist. Und das ist gelungen, obwohl die Volkspartei 13 Jahre lang der Regierung angehört hat." Und weiter: "Hätten wir diese Schulden nicht gemacht, hätten wir das Szenario des Jahres 1969." Außerdem sei die Schuldenquote in Österreich noch immer unter dem EU-Schnitt. Edlinger sprach von einer Reihe von "Täuschungen". Eine davon sei die Aussage, dass 75% der Bürger nicht betroffen seien. Dies gelte nur für die Einkommensteuer, nicht aber für die Erhöhung der Energieabgabe, des Vignettenpreises, der Tabaksteuer oder die Wartefrist beim Arbeitslosengeld.

ÖVP-Abg. Michael Spindelegger warf Edlinger vor, als Finanzminister "bestellt, verbraucht, aber nicht bezahlt" zu haben. Für FPÖ-Sozialsprecher Herbert Haupt war Edlinger kein Finanzminister, sondern "letzter Masseverwalter der vergangenen Regierung". Wirtschaftsminister Martin Bartenstein appellierte an die SPÖ, die Fundamentalopposition zu beenden.

Für ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Regierung und SPÖ: "Sie sehen immer die großen Dinge, wir sehen die einzelnen Betroffenen." Angesichts der Erleichterungen für Unternehmer sei die Zustimmung der Wirtschaft zum kein Wunder.

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer verteidigte die "moderaten Studienbeiträgen". Damit würde ein großer Umdenkprozess eingeleitet, "dass nicht alles von der Wiege bis zur Bahre unentgeltlich sein kann. Das ist der Paradigmenwechsel, den wir jetzt vollziehen."