Die seit über zwei Jahren existierende Abfertigung neu funktioniert nicht so, wie dies ursprünglich geplant war. Säumige Firmen, schlechte Renditen und hohe Kosten lassen Kritiker auf den Plan treten, die eine Reform des Systems fordern.
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Fast 2 Millionen Arbeitnehmer sind bisher im System der Abfertigung neu, die über neun Mitarbeitervorsorgekassen (MVK) abgewickelt wird. Die Arbeitgeber zahlen 1,53% der Lohnsumme ein, was bereits eine Summe von fast 500 Mio. Euro ergibt, die von den MVK veranlagt werden muss.
Das Geschäft läuft aber nicht so, wie sich das manche der Gründungsväter vorgestellt haben und das hat mehrere Gründe:
- Viele Firmen haben noch immer keine MVK ausgewählt. Dies betrifft derzeit rund 60.000 Arbeitnehmer (das sind 8% aller im System befindlichen), es liegen für sie insgesamt 13 Mio. Euro bei der Gebietskrankenkasse, die die Beiträge kassiert und an die MVK weiterleiten soll. Da keine MVK nominiert wurde bleibt das Geld mit schmalen 1,5% Verzinsung einfach liegen ohne dass die Betroffenen informiert werden. Ab Herbst wird nach Mahnung der säumigen Firmen, das Geld auf eine der neun MVK aufgeteilt (nach Marktanteilen, nach dem Zufallsprinzip). Die Konditionen der MVK sind sehr unterschiedlich. Die einbehaltenen Verwaltungskosten reichen von 2,2 bis 3,5% pro Jahr, die Kosten der Vermögensverwaltung liegen zwischen 0,5 und 0,7% jährlich.
- Ein weiteres Problem ist, dass es mit der Verzinsung der eingezahlten Gelder bei den Kassen nicht zum Besten steht. Die Schaffer der Abfertigung neu kalkulierten mit einer 6%-iger Verzinsung, womit nach rund 37 Jahren Anspardauer ein Jahresgehalt Abfertigung herausschauen sollte (im alten System nach 25 Jahren). Davon kann heute keine Rede sein. Im Durchschnitt waren im Vorjahr nicht mehr als 4 bis 4,5% drinnen (an der Spitze liegt die Siemens-MVK mit knapp über 6%, die VBV brachte es auf Grund von einmaligen Sonderfaktoren auf 5,9%, die Bonus-Kasse auf etwa 5,4%, die Niederösterreichische auf 4,7%, die anderen lagen zwischen 3,5 und 4%).
Druck durch Kapitalgarantie und kurze Veranlagung
Die Gründe für die schlechte Performance liegen vor allem auf zwei Ebenen. Erstens: Die Rendite wird durch die gesetzlich vorgeschriebene Kapitalgarantie auf das eingezahlte Kapital - die Kosten von rund 1% verursacht - gedrückt (als einzige Kasse gibt die ÖVK noch zusätzlich eine Garantie auf 3% Bonus). Zweitens: Die Gelder können nur sehr kurzfristig veranlagt werden, da die Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach drei Jahren auf das Kapital zugreifen können. Damit sind die Renditemöglichkeiten eingeschränkt.
- Die Bereitschaft der Arbeitnehmer ihr Geld in den Kassen zu lassen ist sehr gering. Sobald die Möglichkeit besteht auf das Kapital zuzugreifen wird dies getan. Die Überlegung, die Abfertigung neu als Standbein einer betrieblichen Altersvorsorge aufzubauen ist somit eine Illusion.
Verlängerung der Zugriffsfrist in Diskussion
Im ÖGB-Vorstand wird dies allerdings nicht als störend empfunden, da man immer nur die Absicht gehabt habe, für alle Arbeitnehmer einen Abfertigungsanspruch zu schaffen und bei einem eventuellen Arbeitsplatzwechsel finanzielle Mittel als Überbrückungshilfe zu haben.
- Abfertigungsansprüche, die bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Systems bestanden, werden nur in geringem Ausmaß übertragen. Insgesamt sind in den ersten beiden Jahren 24.000 alte Anwartschaften mit einem Kapital von 120 Mio. übertragen worden.
Um das System der Mitarbeitervorsorgekassen effizienter zu machen wird auf Reformen gedrängt. So wird seitens der Kassen gefordert, dass die Zugriffsfrist auf das Kapital von drei auf zumindest 10 Jahre verlängert wird, um die eingezahlten Gelder längerfristiger veranlagen und dadurch eine bessere Rendite darstellen zu können. Außerdem würde dadurch größere Beträge auf den Konten aufscheinen, denn derzeit sind auf 25% der Konten von Arbeitnehmern nur 10 Euro oder weniger deponiert. Manche Reformvorschläge gehen sogar so weit, dass das eingezahlte Kapital erst beim Pensionsanfall zur Verfügung gestellt werden sollte.
In Gewerkschaftskreisen werden aber auch Überlegungen darüber angestellt, eine Erhöhung des Beitragssatz von 1,53% auf mindestens 2% zu fordern. Ob es dafür eine politische Zustimmung gäbe ist allerdings fraglich.