Die Erwartungen der am 1. Juli 2002 beschlossenen Abfertigung neu sind laut Bundeskanzler Wolfgang Schüssel "weit übertroffen worden". Das Gesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge ist seit 1. Jänner 2003 in Kraft und bereits jetzt - nach 15 Monaten - seien mehr als eine Million Arbeitnehmer im neuen System, zog der Bundeskanzler gestern Bilanz.
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Er fühle sich als "Vater dieser Regelung", der Abfertigung neu, die der Bundeskanzler lieber als Mitarbeitervorsorge bezeichnet wissen will, sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Chef der Plattform der Mitarbeitervorsorgekassen, Fritz Janda. Wichtig sei vor allem, dass von dieser einen Million Arbeitnehmer, für die die Betriebe 1,53 Prozent der Lohnsumme in Mitarbeitervorsorgekassen einzahlen, 850.000 vor Einführung der Abfertigung neu keine Abfertigungsansprüche hatten.
Pro Jahr werden etwa 1,2 Millionen Arbeitsverhältnisse aufgelöst, davon hatten früher nur 160.000 Arbeitnehmer Anspruch auf Abfertigung. Jetzt sei das anders. Und vor allem, so der Kanzler, gehe es nicht mehr in erster Linie um Abfertigung, sondern um Vorsorge. Denn neben der staatlichen Säule, die demnächst auf ein Pensionskonto mit einer leistungsorientierten Komponente abgestützt sein wird, sei die Mitarbeitervorsorge die zweite Säule. Und noch einmal strich Schüssel die Vorteile gegenüber der alten Abfertigung hervor: Alle Arbeitnehmer haben Anspruch, man kann die Ansprüche auch bei Selbstkündigung im Rucksack mitnehmen, man kann sich die Vorsorge entweder steuerbegünstigt (mit sechs Prozent) auszahlen lassen oder völlig steuerfrei als Pension konsumieren.
10 Prozent der Betriebe noch ohne Vertrag mit einer Kasse
210 Mill. Euro verwalten die verschiedenen Mitarbeitervorsorgekassen mittlerweile, berichtete Janda. 120 Mill. Euro davon kommen aus laufenden Beiträgen, 90 Mill. von Übertragungen aus dem alten in das neue System. Damit liege man in den Zahlen um 50 Prozent über den Erwartungen. Immerhin sei das System erst im Herbst 2002 "in einem Kraftakt hochgefahren" worden, meinte Janda.
160.000 Unternehmen haben bisher Verträge mit Mitarbeitervorsorgekassen abgeschlossen, zehn Prozent der Betriebe allerdings noch nicht. Deren Beiträge sind derzeit bei den Gebietskrankenkassen - unverzinst - zwischengeparkt.
Das tut auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. "Durch die Zwischenlagerung bei den Kassen gehen den Arbeitnehmern Zinsen verloren. Nach mehr als einem Jahr Abfertigung neu, ist es höchste Zeit, dass alle Unternehmen ihre zu leistenden Abfertigungsbeiträge in Mitarbeitervorsorgekassen veranlagen", fordert der ÖGB-Präsident und regt an, die Betriebe dazu zu verpflichten.
Nicht ganz will Verzetnitsch auch Schüssel als "Vater" der Abfertigung neu gelten lassen. Diese sei ein "Kind" der Sozialpartner, des ÖGB und der ÖGB-Urabstimmung.