Die Einigung der Sozialpartner auf ein Modell der Abfertigung Neu scheint kurz vor dem Abschluss zu stehen. Das berichten die Arbeitnehmervertreter, in der Wirtschaftskammer ist man etwas zurückhaltender mit Angaben zu Zeitplänen. Einer der letzten offenen Punkte dürfte der Beitragssatz der Arbeitgeber zu den überbetrieblichen Kassen sein.
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Die Regierung hat den Sozialpartnern einen Zeitplan für ihre Verhandlungen über die Abfertigung Neu vorgegeben. Demnach wäre diese bereits im Juli fällig gewesen, die Frist wurde dann auf Ende September erstreckt. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hat mehrmals darauf verwiesen, dass eine Regelung, die drei Millionen Arbeitnehmer betrifft, nicht über das Knie gebrochen werden sollte. Lieber einige Monate länger verhandeln, dafür ein sinnvolles Modell entwickeln, lautet denn auch die Devise der Wirtschaftskammer. Nun scheint sich eine Einigung abzuzeichnen. ÖVP-Abgeordneter Walter Tancsits rechnet mit einer Einigung zwischen WKÖ-Chef Leitl und ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch nach Abschluss der ÖGB-Urabstimmung (das Ergebnis dürfte am Freitag vorliegen). Gegenüber der "Wiener Zeitung" hat Tancsits die ausverhandelten Eckpunkte erläutert:
- Die Einzahlungen in eine Abfertigungskassa sollen ab dem ersten Tag, oder nach Beendigung der Probezeit beginnen.
- Bei Kündigung durch den Arbeitgeber oder bei Pensionsantritt kann der Arbeitnehmer die Abfertigung beheben.
- Bei Kündigung durch den Arbeitnehmer bleibt die Abfertigung auf dem Konto und wird mitgenommen.
- Die Dauer der Einzahlung wird nicht begrenzt. Ursprünglich war von einer Begrenzung auf 25 Jahre die Rede. Das könnte sich aber als Hindernis für Frauen beim Wiedereinstieg und für ältere Arbeitnehmer herausstellen.
- Die Betriebe entscheiden gemeinsam mit den Betriebsräten, bei welchen Kassen eingezahlt wird.
- Den Beitragssatz will der ÖAAB bei 2,5 Prozent der Bruttolohnsumme sehen, die Wirtschaftskammer will unter 2 Prozent gehen. Wenn man aber nach 25 Jahren und mehr ein Jahresgehalt als Abfertigung erhalten soll, müsste laut dem Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger der Beitragssatz bei 4 Prozent liegen.
Tancsits deutete einen möglichen Deal an: Der Insolvenzfonds muss derzeit 40 Prozent seiner Auszahlungen für nicht vorhandene Abfertigungsrücklagen bei Betriebspleiten aufbringen. Da künftig aber alle Betriebe in eine Abfertigungskassa einzahlen müssen, spart der Insolvenzfonds Geld. Man könnte daher die Beitragssätze der Unternehmen zum Insolvenzfonds von derzeit 0,7 Prozent der Bruttolohnsumme auf 0,4 Prozent senken.
Für den Leitenden Sekretär im ÖGB, Richard Leutner ist besonders wichtig, dass künftig alle Arbeitnehmer, vor allem die mehr als 100.000 im Tourismus Beschäftigten, eine Abfertigung erhalten. Denn derzeit haben von 900.000 Beschäftigungsbeendigungen pro Jahr (ohne Beamte und Bauarbeiter) nur etwa 160.000 Menschen Anspruch auf Abfertigung, also nur 12 Prozent.
Für die Wirtschaftskammer ist die Frage der Kostenneutralität entscheidend: "Es soll keine Mehrbelastung für die Wirtschaft geben", erklärt Harald Kaszanits von der sozialpolitischen Abteilung der WKÖ. Betriebe, die jetzt nichts zahlen, müssen dann ihre Beiträge leisten; Betriebe, die jetzt schon Rückstellungen bilden, werden es künftig billiger haben.