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Abfertigung Neu sollte Altersvorsorge sein

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Bei der Abfertigung Neu habe sich die Regierung gründlich verrechnet. Der geplante Termin für den Gesetzestext könne unter derzeitigen Bedingungen nicht halten, denn viele wichtige Details seien noch ungeklärt. Kurt Bednar, Geschäftsführer der Unternehmensberatungsgesellschaft Mercer HR Consulting, schon seit Jahren mit dem Thema betrieblicher Vorsorge betraut, tat gestern seine Bedenken vor Journalisten kund.


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Für Bednar hat "das Kind einen falschen Namen". Denn eigentlich sollte der Terminus "Abfertigung" gar nicht mehr vorkommen, er wurde als Zugeständnis an die Arbeitnehmervertreter gewählt. Auch sei von einer vorzeitigen Auszahlung in der ursprünglichen Punktation keine Rede gewesen. Von Anfang an habe die Regierung eine betriebliche Altersvorsorge im Auge gehabt, aber jetzt traue sie sich nicht mehr, darauf zu beharren. Mit dem Zugeständnis an die Arbeitnehmerseite werde sich das neue Abfertigungsmodell allerdings für die Mittelverwalter komplizieren. Denn bei Beendigung eines Dienstverhältnisses können sich Angestellte die Abfertigung auch auszahlen lassen. Sollten die Sozialpartner weiterhin daran festhalten, dann müsse man sich vom veranschlagten Ertragszins von 6% verabschieden. "Das ist ein Zinssatz, der nur bei langfristiger Kapitalveranlagung erzielbar sein wird. Sollten die Arbeitnehmer ihr Geld vorzeitig beheben, so ist diese Verzinzung nicht realisierbar." Bednar fordert im Sinne des Vorsorgegedankens den Entfall der Auszahlungsoption.

Ebenfalls sollten die Verhandler von der Möglichkeit für Mitarbeiter, das alte gegen das neue Abfertigungssystem tauschen zu können, Abstand nehmen. Der Berater zweifelt daran, dass Arbeitnehmer einen Übertritt überhaupt für sich in Anspruch nehmen wollen: "Wir wissen, dass nach dem neuen System weniger ausbezahlt wird." Außerdem müssten Übertrittswillige damit rechnen, dass ihnen ein Jobwechsel unterstellt wird. Dann ginge es bei den Verhandlungen mit den Arbeitgebern aber hart auf hart. Die Regelung werde schon deshalb ein Problem, weil noch kein schlüssiges Szenario für die Auflösung der Abfertigungsrückstellungen entwickelt wurde. In Österreichs Unternehmen ruhen unter diesem Titel rund 7,7 Mrd. Euro. Dieses Geld sollte besser unangetastet bleiben. Die Übertragung sei noch dazu überflüssig, da zwei Drittel der Dienstverhältnisse so und so in den nächsten 10 Jahren neu begründet werden.

Als teure Fleißaufgabe bezeichnet Bednar die geplante Errichtung von eigenen Abfertigungskassen. Aus Sicht des Consulters gibt es jetzt schon bestehende Strukturen der Pensionskassen, Versicherungen und Krankenkassen, die - optimal genutzt - eine höhere Effizienz hätten. "So aber wird ein Verwaltungsapparat aufgebaut, der keine Vorteile, aber zusätzliche Kosten bringt." Die wesentliche Änderung sei der Paradigmenwechsel: Weg vom Leistungs- hin zum Beitragsprinzip. Damit gebe es gleichzeitig einen Risikowechsel, denn künftig sei es nicht mehr Sache des Arbeitgebers, sondern des Arbeitnehmers, was er am Ende bekomme.

Der Unternehmensberater ortet Schleudergefahr bezüglich des Terminplans: "Wenn nicht schon diese Woche ein Entwurf vorliegt, geht es sich nie bis Juli aus." Doch mit einer überhasteten Einführung sei keinem gedient. Es reiche völlig, wenn das Gesetz erst am 1.1.2003 in Kraft tritt.