Felderer fordert Lohnsteuersenkung: "Unter fünf bis sechs Milliarden Euro würde ich es nicht machen."
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Wien. "Wir haben derzeit eine der höchsten Abgabenquoten und wir sollten da nicht Weltmeister werden", sagt Bernhard Felderer, Vorsitzender des Fiskalrats Austria, der am Mittwoch den Bericht über die öffentlichen Finanzen 2013 vorstellte. Felderer sieht dringenden Handlungsbedarf und pocht auf eine Steuerreform. Der Ökonom verweist auf den überdurchschnittlichen Abgabenanteil in Österreich. Die Steuerbelastung hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter vom EU-Schnitt von rund 42 Prozent entfernt und liegt momentan bei 45,3 Prozent. Zum Vergleich: Bei den deutschen Nachbarn behält der Staat etwa 40 Prozent der Gehälter und Löhne ein.
Schweigen zu Vermögenssteuern
Bleibt das Problem der Sparvorgaben seitens der EU: Bis 2016 muss Österreich ein (strukturelles) Nulldefizit erreichen. Derzeit gebe es deswegen keinen Spielraum für Steuerentlastungen ohne Gegenfinanzierung, sagt Felderer. Eine für die Steuerentlastung notwendige Gegenfinanzierung sei höchstens durch eine Umschichtung möglich.
Wie diese tatsächlich erfolgen soll, lässt er bewusst offen. Die Frage, ob Vermögenssteuern, wie von der SPÖ gefordert, ein geeignetes Mittel dazu seien, wollte Felderer nicht kommentieren. Der politisch besetzte Fiskalrat bezieht laut seinem Chef absichtlich keine Stellung dazu, da aufgrund unterschiedlicher Meinungen keine einstimmige Empfehlung zustande gekommen wäre. Mit Bezug auf die hitzige Debatte um eine Abgabe für Spitzenverdiener fügte er augenzwinkernd hinzu: "Wir alle wollen noch länger leben und haben uns daher zurückgehalten." Er merkte jedoch an, dass andere Länder aus Vermögenssteuern "fantastisch wenig" lukrieren. In Deutschland kämen so beispielsweise nur 0,2 bis 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Staatskassen. Auf Österreich übertragen wären das Einnahmen von "etwas über 600 Millionen Euro", sagte Felderer.
"Was hat Wohnbauförderung mit dem Lohn zu tun?"
In puncto Steuerentlastung fordert der Fiskalrat als ersten und wichtigsten Schritt eine Entlastung des Faktors Arbeit, insbesondere bei der Lohnsteuer - die ein Drittel der Belastungen in diesem Bereich darstellt - und der Lohnnebenkosten. Felderers Ansatz zu deren Senkung: "Da sind Dinge drinnen wie Kommunalabgabe, Wohnbauförderung, alles Mögliche, wo man sich fragt, was das noch mit Lohn zu tun hat."
Auch bezüglich der Größe einer Lohnsteuerreform schlägt der oberste Staatsschuldenwächter klare Töne an. Mit kleinen Beträgen - wie den bereits angesprochenen potenziellen Vermögenssteuereinnahmen von 600 Millionen Euro - sei dies nicht zu bewerkstelligen. "Bei Lohnsteuerreformen brauchen Sie mehrere Milliarden. Also unter vier bis fünf Milliarden würde ich persönlich keine Lohnsteuerreform machen." Der Fiskalrat-Chef argumentiert, dass derartige Senkungen nur Wirkung zeigen, wenn sie für die Steuerzahler auch spürbar sind. "Wenn er am Ende des Monats zwanzig Euro mehr in der Tasche hat, wird ihn das nicht besonders zu Verhaltensänderungen bringen." Denn Lohnsteuersenkungen sollen vor allem dazu beitragen, negative Leistungsanreize seitens der Arbeitnehmer zu verringern. "Also bei einer Lohnsteuerreform, bitte nicht eine Milliarde, sonder mindestens vier, fünf, sechs."
"Kärnten muss nicht unter Kuratel gestellt werden"
Neben der nötigen Lohnsteuersenkung drängt der Fiskalrat auf ein wirkungsvolles Spekulationsverbot, das die Regierung zwar versprochen aber bis dato nicht geliefert hat. Das solle im Zuge einer Föderalismusreform "entschlossen" umgesetzt werden, zusammen mit verschärften Transparenzregeln und strikten Haftungsobergrenzen für Gebietskörperschaften. "Mit Kärnten haben wir etwas erlebt, aus dem wir jetzt schon Lehren ziehen müssen - und zwar gesetzgeberische Lehren", spielt er auf die Hypo-Alpe Adria an. Die Zahlungsunfähigkeit sei schon längere Zeit absehbar gewesen.
Das bezeichnete der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser in einer prompten Reaktion als "rufschädigend". "Kärnten muss nicht unter Kuratel gestellt werden." Statt der von Felderer vorgeschlagenen Entsendung von Budgetkommissären in angeschlagene Länder forderte er in der Landeshauptleute-Konferenz am Mittwoch ein permanentes, präventives Monitoring, ähnlich dem, das es bereits gebe: "Budgets, Finanzmarktaufsicht, Bundesrechnungshof, Quartalsmeldungen (. . .) wir haben bereits 100.000 Kontrollinstrumente." Das "drohende Wacheln mit einem Kommissär", lehnte er ab.
Zumindest beim Thema von Haftungsobergrenzen für Länder käme Kaiser mit Felderer auf einen grünen Zweig. "Im Haftungsbereich soll man über Limitierungen reden."