Zum Hauptinhalt springen

Abgeschwächtes Wirtschaftwachstum und Rekord-Inflation

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

EU-Kommission revidiert Prognosen nach unten. | US-Wirtschaft und hohe Rohstoffpreise rütteln an EU. | Brüssel. Die Auswirkungen der anhaltenden Finanzkrise schlagen sich deutlich Europa nieder. Das Wirtschaftswachstum wird sinken, die Inflation neue Rekordmarken erreichen. Das sind die Ergebnisse der vorläufigen Prognosen der EU-Kommission für 2008, die Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia gestern, Donnerstag, präsentiert hat.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Konkret wurde das Wachstum für die 15 Länder der Eurozone gegenüber der letzten Schätzung vom November 2007 um 0,4 Prozentpunkte auf 1,8 nach unten korrigiert. Die Wirtschaft der gesamten EU soll immerhin noch um zwei Prozent wachsen.

Die Entwertung des Euro wird sich zwar nicht auf dem Höchststand vom Jänner (3,1 Prozent) im Jahresabstand halten. Mit erwarteten 2,6 Prozent für 2008 bewegt sich die Inflation dennoch in rekordverdächtigen Höhen, im EU-Schnitt sollen es gar 2,9 Prozent werden. "Europa bekommt den globalen Gegenwind ganz klar zu spüren", sagte Almunia. Gründe seien vor allem die Verschärfung der Kreditbedingungen und die konjunkturelle Talfahrt der USA, welche das Wachstum der gesamten Weltwirtschaft dämpfen.

"Hohe Budgetdefizite sind keine Lösung"

Ihr übriges tragen die hohen Öl- und Rohstoffpreise bei, vor allem die höheren Inflationserwartungen machten ihm Sorge, meinte der spanische Kommissar. Erst diese Woche hatte der Rohölpreis die magische 100-Dollar-Marke durchbrochen. Für 2008 rechnet Brüssel mit 90 Dollar für die Leitmarke Brent im Jahresschnitt, das sind 15 Prozent mehr als noch vor drei Monaten. Massiv begünstigt wird die Geldentwertung auch durch die hohen Lebensmittelpreise.

Dennoch sei die Wirtschaft der EU - anders als jene der USA - weiterhin in einer robusten Verfassung und stehe auf einem "festen Fundament", betonte Almunia. Konjunkturprogramme zur Anheizung des Wachstums lehnte er entschieden ab: "Hohe Budgetdefizite sind keine Lösung". Vielmehr müssten die Strukturreformen "unbeirrt" fortgesetzt werden.

Denn neben den global ungünstigen Faktoren ortet Almunia auch hausgemachte Probleme in den bisher überprüften Ländern - die vorläufige Prognose basiert auf den Entwicklungen in den sieben größten Volkswirtschaften der EU - Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Niederlande, Großbritannien und Polen -, die zusammen etwa 80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der EU erwirtschaften. So mussten vor allem die Erwartungen für Deutschland deutlich zurückgestuft werden: Das Wachstum soll nur noch 1,6 statt den zuvor vorhergesagten 2,1 Prozent betragen, die Inflation ein 14-Jahres-Hoch 2,3 Prozent erreichen. Mit Blick auf die Forderungen der deutschen Gewerkschaften nach Gehaltserhöhungen bis zu acht Prozent mahnte der Kommissar zu moderaten Abschlüssen.

Unangenehm klingen auch die weiteren Aussichten für die EU-Wirtschaft: Weil noch unklar ist, ob die finanzpolitischen Maßnahmen der USA den dortigen Wirtschaftsabschwung abfangen können, könnten die schon jetzt nicht rosigen Zahlen erneut nach unten revidiert werden müssen.

Auch Fed revidiert Prognose nach unten

Derzeit ist jedenfalls keine Entspannung in Sicht: Auch die US-Notenbank Fed senkt ihre Prognose deutlich. Wegen der Verschärfung der Korrektur auf dem Immobilienmarkt, der geringeren Verfügbarkeit von Krediten und hoher Ölpreise sei 2008 ein reales Wirtschaftswachstum von 1,3 bis 2,0 Prozent zu erwarten, teilte die Fed mit. Damit wurde die Prognose von November (1,8 bis 2,5 Prozent) kräftig reduziert.