Erweiterungskommissar drängt auf EU-Vertrag. | Beschluss der Kosovo-Mission nicht vor Februar. | Brüssel. Die EU blickt gebannt nach Serbien. Einig waren sich die Außenminister der Mitgliedsstaaten bei ihrem Treffen am gestrigen Montag lediglich, dass ein möglichst deutliches Signal zur Bekräftigung der europäischen Perspektive an Belgrad gesandt werden sollte. Damit sollte der Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, Amtsinhaber Boris Tadic, Rückendeckung erhalten. Er hatte seinen Wahlkampf auf die Zukunft des Landes in der EU aufgebaut.
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Ein neuerlicher Sieg seines Kontrahenten Tomislav Nikolic von der Serbischen Radikalen Partei in der Stichwahl am 3. Februar wird in Diplomatenkreisen als mögliche vorläufige Abkehr Serbiens von seinem Kurs in Richtung Union gewertet. Gestützt werden die Befürchtungen vom Engagement Russlands, das Serbiens Position gegen die Abtrennung des Kosovo stützt (siehe Artikel rechts).
Das positive Signal beschränkte sich schließlich aber vor allem auf die Unterstützung der EU-Kommission beim Auftakt zu Verhandlungen über Visaerleichterungen. Denn besonders die Niederlande blockierten erwartungsgemäß die Unterzeichnung eines EU-Annäherungsabkommens mit Serbien ohne "volle Zusammenarbeit" mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal. Das bedeute für Den Haag die Auslieferung des als Kriegsverbrecher gesuchten serbischen Ex-Generals Ratko Mladic, präzisierten Diplomaten.
Kehrtwende Rehns
Eine Kehrtwende vollzog dagegen Erweiterungskommissar Olli Rehn, der sich für eine rasche Unterzeichnung des Abkommens aussprach, das als erster Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft gilt. Serbien sei schließlich "nahe an der vollen Zusammenarbeit", sagte er. Diese könne immer noch bei der Ratifizierung des Abkommens unter Beweis gestellt werden.
Wie die meisten EU-Länder plädiert auch Österreich für ein derartiges Entgegenkommen. Schließlich sei die volle Zusammenarbeit bei Kroatien auch erst mit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen verknüpft worden, sagte Außenministerin Ursula Plassnik. Sie sei dagegen, dass mit zweierlei Maß gemessen werde.
Dass die konkrete Durchführung der zivilen EU-Friedensmission in den Kosovo keinesfalls vor dem 3. Februar stattfinden könne, war in Diplomatenkreisen ebenfalls längst klar. Alles andere wäre "absurd" und eine "krasse Wahlbeeinflussung" gewesen, hieß es.
In Serbien wird indes jeder Vorschlag leicht als Kompensationsangebot für den bevorstehenden Verlust des Kosovo missverstanden, was alle politischen Kräfte ablehnen. Premier Vojislav Kostunica wollte für den Fall des Verlustes der südserbischen Provinz sogar das Annäherungsabkommen platzen lassen. Die Unabhängigkeit des Kosovo gilt in westlichen Diplomatenkreisen aber längst als ausgemachte Sache.