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Abkommen schützt Türken

Von Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Ein türkischer Staatsbürger verliert seine bestehende Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung in Österreich durch eine mehrjährige Haftstrafe nicht, beschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern, Donnerstag. Basis der Entscheidung ist das EU-Türkei-Assoziierungsabkommen.


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Mehr als 27 Jahre hatte Ergül Dogan in Österreich gelebt. Nach der Verbüßung einer dreijährigen Haftstrafe war er gemäß dem Erlass eines Aufenthaltsverbots durch die Sicherheitsdirektion Vorarlberg im Jahr 2002 ausgewiesen worden. Das widerspreche dem EU-Recht, urteilte der EuGH.

Der Punkt sei, dass ein türkischer Staatsbürger bereits nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung im EU-Aufnahmeland laut dem Assoziierungsabkommen das Recht auf "freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis" erlange. Das setze eine Aufenthaltsgenehmigung voraus. Dieses Recht verliere der Betroffene auch dann nicht, weil er während seiner - auch mehrjährigen - Inhaftierung keine Beschäftigung ausübt. Seine Abwesenheit vom Arbeitsmarkt muss aber "vorübergehend" sein.

Dogan hätte demnach ein "angemessener Zeitraum" zur Verfügung stehen müssen, sich eine neue Anstellung zu suchen. Nur bei konkreter Gefahr "weiterer schwerer Störungen der öffentlichen Ordnung", hätte er ausgewiesen werden dürfen. Das Urteil widerspricht der in Österreich und Deutschland gängigen Ausweisungspraxis.