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Abkommen zu Flugdaten fixiert

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Anonymisierung, eingeschränkte Zugriffsregeln für mehr Datenschutz.


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Brüssel. Grünes Licht für ein neues Abkommen mit den USA zum Austausch von Flugpassagierdaten haben die EU-Innenminister bei ihrem Treffen am Dienstag gegeben. Aus der Sammlung, Speicherung und Analyse dieser Informationen versprechen sich die US-Ermittler Erfolge im Kampf gegen schwere Verbrechen und Terrorismus - Ergebnisse teilen sie dann mit EU-Behörden. Aufgehoben werden sollen die Daten auch in Zukunft 15 Jahre lang. Der neue Vertrag ist nötig geworden, weil das EU-Parlament das aktuelle Abkommen von 2007 wegen Datenschutzbedenken ablehnt. Auch dem neuen Text müssen die Europaabgeordneten zustimmen.

Österreich und Deutschland haben sich ihrer Stimme enthalten, wie die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erzählt. Sie sei zwar für das neue Abkommen, wolle durch die Enthaltung aber ein Signal senden, wie wichtig ihr der Datenschutz sei. Der neue Vertrag bringe deutliche Verbesserungen und mehr Rechtssicherheit gegenüber der bisherigen Regelung. Für Deutschland spielt Datenschutz traditionell eine wichtige Rolle.

Konkret müssen Fluglinien wie gehabt 19 Datensätze wie Adresse, Kredit-, Telefon- und Dokumentennummern von jedem Passagier 96 Stunden und unmittelbar vor Abflug in die USA an das Heimatschutzministerium übermitteln. Die US-Ermittler lassen diese Informationen nach nur ihnen bekannten Mustern durch alle möglichen Datenbanken laufen, um schwere Verbrechen oder Terroranschläge zu verhindern oder aufzuklären. Für nachträgliche Recherchen speichern sie die Daten 15 Jahre lang. Um Datenschutzbedenken zu verringern, werden die Datensätze künftig nach sechs Monaten anonymisiert und nach fünf Jahren von der "aktiven Datenbank" in einen "passiven" Speicher transferiert, in dem sie weitere zehn Jahre ruhen.

Für diese Zeit gelten strengere Zugriffsregeln, die nach dem Grund der Ermittlungen abgestuft sind. Geht es um "schwere transnationale Verbrechen" wie Menschen- oder Drogenhandel, auf die mehr als drei Jahre Haft stehen, sind die EU-Fluggastdaten nach zehn Jahren tabu. Nur wenn die Fahnder wegen Terrorismusverdachts ermitteln, dürfen sie die Daten die vollen 15 Jahre durchkämmen. In konkreten Verdachtsfällen können die Informationen auch "repersonalisiert" werden. "Sensible Daten", die Rückschlüsse auf Religion, ethnischen Ursprung oder politische Meinung zulassen, müssten bereits nach den ersten 30 Tagen gelöscht werden. Derzeit gibt es keine Anonymisierung, die Informationen wandern im achten Jahr in den passiven Speicher.

Die Zustimmung des EU-Parlaments werde "keine einfache Sache", meinte Mikl-Leitner. Die Übermittlung und Speicherung der Fluggastdaten sei aber schlicht eine "Eintrittsbedingung" für Washington. "Wer diese Konsequenzen nicht tragen will, darf nicht in die USA einreisen."

Rückzieher bei Visafreiheit

Einen Rückzieher machten die Innenminister indes bei der Visa-Liberalisierung und verabschiedeten eine Schutzklausel. Wenn aus einem Land mit Visafreiheit künftig plötzlich viel mehr Asylanträge und Aufgriffe illegaler Migranten verzeichnet werden oder der Staat Rückübernahmeersuchen zurückweist, kann die Visapflicht vorübergehend wieder eingeführt werden. Hintergrund seien die deutlich ansteigenden Asylanträge von Bürgern aus Westbalkanstaaten in Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Schweden, sagte Mikl-Leitner.

Der grenzenlose Schengenraum wurde immerhin erweitert - und zwar um Liechtenstein. Weiter warten müssen Bulgarien und Rumänien. Die Niederlande und Finnland wollen nichts vom Wegfall der Grenzkontrollen zu den beiden jüngsten EU-Mitgliedern wissen, weil diese wegen Korruption zu unzuverlässig seien.