Ungustiös und wie man hört nicht ganz billig ist die Kampagne der Wiener Ärztekammer gegen die Elektronische Gesundheitsakte (Elga) - und sehr laut!
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Neben polemischen Slogans wie "Elga kostet Sie Ihr letztes Hemd" und "Elga stellt Sie vor den anderen bloß" werden nackte Menschen auf Postern und Inseraten dargestellt. Zu Foldern und haufenweise Sonderausgaben von Kammerzeitungen kommen Pamphlete wahlwerbender Splittergruppen - denn es herrscht Ärztekammer-Wahlkampf. In einem Youtube-Video erklärt Vizepräsident Johannes Steinhart, was Elga in Wahrheit bringen wird.
Eine Million Euro, bezahlt aus den Ärztekammerbeiträgen, werden angeblich ausgegeben, um klarzumachen, dass Elga böse ist. Und die Informationen, die man so findet, sind, naja, allesamt semi-falsch. Bei dem, der sich nicht auskennt, kommen sie sicher falsch an!
Bewusst? Schließlich gilt das Gesetz: "Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten." Eine dreiste Fehlinformation müsste demnach geahndet werden.
Aber vielleicht dient das ja alles nur einem anderen Zweck. Vielleicht ist das ja nur ein Ablenkungsmanöver.
Denn während sich die Wiener Funktionäre (die österreichischen haben sich ja für Elga ausgesprochen, nur die Wiener nicht) im Ankreiden der bösen Elga geradezu überschlagen, ist ein Rechnungshofbericht erschienen, der die Verwaltung ihres Wohlfahrtsfonds (ein Pflicht-Pensionssystem für alle Ärzte, das die Kammer verwaltet) in ein katastrophales Licht stellt. Da gibt es beispielsweise einen von den verantwortlichen Gremien freihändig bestellten Berater, der gleich mehrere Funktionen, die in sich einen Interessenkonflikt tragen, einnimmt. Sein monatliches Salär geht weit über das hinaus, was sich Ober- oder Kassenärzte träumen können. Für 30 Wochenstunden (der Mann arbeitet viel, schließlich ist er zudem auch Professor, geschäftsführender Gesellschafter von Beratungsunternehmen, Aufsichtsratsmitglied mehrerer Gesellschaften, Mitglied in mehreren Veranlagungsbeiräten und nicht nur für den Wiener, sondern auch für den Salzburger Wohlfahrtsfonds tätig) hat er rund 16.000 Euro monatlich erhalten. Wo seine Leistung war, weiß man nicht so genau, weil nur Honorarnoten ausgestellt wurden. Leistungsbezeichnungen fehlen gerne einmal. Selbst vertraglich vereinbarte Berichte sind nicht auffindbar. Auch "Budgettricks" bemängelt der Rechnungshof. So wurden Verluste durch geschickte Vermögensumschichtungen zu Gewinnen - um die Ärzte nicht zu verunsichern. Prognoserechnungen sind offenbar aufgebaut auf stetig steigenden Einnahmen, was nur geht, wenn die Zahl der Ärzte immer weiter, ad infinitum, steigt. Anlageberater wurden hoch bezahlt, deren Empfehlung aber nicht umgesetzt, sondern dann doch lieber nach Gutdünken gehandelt. Bei alldem fiel die Malversation von 260.000 Euro durch den externen Fondsverwalter gar nicht auf, entdeckt wurde sie erst bei einer Software-Umstellung.
Und weil eben kein Wiener Arzt auf die Idee kommen sollte, den Bericht zu lesen und dann womöglich andere als die etablierten Gruppen zu wählen, müssen diese darauf achten, dass alle abgelenkt sind.