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Aborigines in Australien: Die verlorene Generation

Von Barbara Ottawa

Politik

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Der Film "The Long Walk Home" hat einmal mehr auf das erschütternde Schicksal der sogennanten "verlorenen Generation" der Aborigines in Australien aufmerksam gemacht. In Kanada ist Ähnliches unter dem Stichwort "residential school trauma" bekannt.

Noch bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus wurden Kinder indigener Familien von den Behörden ihren Eltern entzogen und in Internate, sogenannte "residential schools", gesteckt. Diese wurden von diversen Kirchen in Kanada betreut und von der Regierung finanziert. Insgesamt mussten über 90.000 Kinder indigener Herkunft in den meisten dieser Schulen lernen "weiß" zu sein. Ihre Muttersprache durften sie nicht sprechen, wenn sie es taten wurden sie "gezüchtigt".

Zehntausende Fälle körperlichen und sexuellen Missbrauchs - die bei einigen Kindern sogar zum Tod führten - sind aus vielen dieser Schulen bekannt. Eine Entschädigung erhielten bisher nur etwa 800. Nun wurde einem Gericht eine Sammelklage von etwa 17.000 Opfern vorgelegt. Sie verlangen Entschädigung wegen Missbrauchs und Verlust der indigenen Kultur - aber genau diesen Klagspunkt will die Regierung nicht anerkennen.

Sie hat vorgeschlagen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, bei der nur diejenigen eine Entschädigung erhalten, die körperlichen und sexuellen Missbrauchs nachweisen können. Doch das ist den Opfern zu wenig. Der seelische Schaden, den das residential school trauma bei vielen ausgelöst hat ist nicht wieder gut zu machen. Aber Entschädigungszahlungen würden wenigstens die finanzielle Not vieler Betroffener zu lindern. Es bleibt abzuwarten, welche Klagspunkte das Gericht anerkennen wird. Falls die Opfer ihre Klage gewinnen, könnte das die kanadische Regierung umgerechnet an die acht Mrd. Euro kosten.