Antrieb wird an Tür-Unterseite geklebt und ist ohne Rückstände abnehmbar.
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Wien. Eine Tür zu öffnen, bedeutet für Rollstuhlfahrer mehrmals vor- und zurückschieben, um zur Klinke zu gelangen. Deshalb werden Türen oft offengelassen oder ausgehängt - was die Privatsphäre stört. "Nicht-automatische Türen sind ein großes Problem für Rollstuhlfahrer", sagt Albrecht Karlusch, Geschäftsführer von Abotic. Das Wiener Unternehmen hat sich dieser Thematik angenommen und eine Türautomatik entwickelt, die per Funk, Bewegungsmelder oder Schalter die Tür öffnet und schließt.
Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Türöffnern: Es sind keine baulichen Veränderungen notwendig. Der Antrieb wird an der Unterseite der Tür auf einer Führungsschiene angebracht, die aufgeklebt wird. "Damit ist das Gerät flexibel einsetzbar und kann auch bei einem Umzug mitgenommen werden", sagt der 33-jährige Unternehmer. Aber nicht nur zuhause, auch für den Einsatz in Pflegeheimen und Krankenhäusern sei das Gerät geeignet.
Deutscher Partner verkauft das Produkt in Lizenz
Karlusch und Co-Geschäftsführer Nick Manseder, dessen Mutter im Rollstuhl sitzt, lernten sich während ihres Wirtschaftsinformatik-Studiums kennen und gründeten 2008 Abotic. "Wir wollten ein gesellschaftlich positives Produkt für die Zukunft entwickeln, das Nutzen stiftet", sagt Karlusch. Aus mehreren Vorschlägen kristallisierte sich die Türautomatik als erfolgversprechendste Geschäftsidee heraus.
Bis zur Serienreife des Produkts dauerte es allerdings länger als angenommen: Ein Prototyp mit einem Motor in der Lautstärke eines Akkuschraubers stellte sich als zu laut heraus, und ein Cover bedeckt nun das Bediendisplay, damit Kinder nichts umstellen können. Über dieses Display lassen sich unter anderem Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit einstellen. Die Tür lässt sich aber auch weiterhin ohne Widerstand mit der Hand öffnen, wie Karlusch am Firmensitz in Wien vorzeigt - wo alle Türen mit dem Antrieb ausgestattet sind.
Auch die Lizenzverhandlungen mit dem deutschen Partner Drive Medical und die Serienproduktion dauerten Monate. Produziert wird nun bei einer Tochterfirma des deutschen Partners in Rumänien.
Nach vier Jahren Entwicklungsarbeit ist der Türantrieb seit September im Abotic-Onlineshop, über Amazon sowie in Sanitätshäusern um 1499 Euro erhältlich. Wartung sei kaum nötig, versichert Karlusch.
Einige Pflegeheime würden den Antrieb testen, auch bei Privatkunden sei es im Einsatz. Bis Ende 2014 sollen in Österreich rund 600 Stück verkauft werden, lautet die "konservative Planung". Drive Medical will im selben Zeitraum 40.000 Stück in Ländern wie den USA, Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden verkaufen. Durch die Umsatzbeteiligung am internationalen Verkauf sollen die Lizenzeinnahmen sprudeln. Den Break Even will Abotic Mitte 2014 erreichen.
Auch die Mitarbeiterzahl soll steigen: Je nach Geschäftsentwicklung werden zu den derzeit vier Beschäftigten 2013 zwei bis vier weitere eingestellt.
Den Start finanziert haben die beiden Jungunternehmer mit Eigenkapital und öffentlichen Förderungen. Als weiteren Schritt zu Professionalität sieht Karlusch, dass sich kürzlich der deutsche Social Venture Fonds Bon Venture mit 30 Prozent an Abotic beteiligt hat, der nicht nur auf Finanzkennzahlen ausgerichtet ist. "Wir müssen nachweisen, dass wir einen Mehrwert für die Gesellschaft bieten", sagt Karlusch.
Für die Türautomatik verfügt Abotic über ein Patent in Österreich, bis Mai werden weitere in anderen Ländern angemeldet. In internationalen Forschungsprojekten werden weitere Produkte entwickelt - welche das sind, will der Wiener noch nicht verraten. Und wo sieht Karlusch das Unternehmen in drei Jahren? "Da wird unser nächstes Produkt in der Vorserienreife sein."