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Abrechnung mit Tony Blair?

Von WZ-Korrespondent Axel Reiserer

Europaarchiv

Labour muss bei Kommunalwahlen mit herben Verlusten rechnen. | London. Eigentlich kann nichts dunkler sein als schwarz. Bereits der vergangene Mittwoch ist von britischen Kommentatoren als "schwarzer Mittwoch" der Regierung bezeichnet worden. Am kommenden Donnerstag aber stehen in weiten Teilen Englands Lokalwahlen an. Ein Debakel für Premier Tony Blair und seine Labour Party scheint unausweichlich.


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#Führende Minister angeschlagen

Das politische Schicksal gleich mehrerer Spitzenvertreter der Regierung steht auf dem Spiel. Am vergangenen Mittwoch ist bekannt geworden, dass Vizepremier John Prescott eine Affärre mit seiner Ex-Sekretärin gehabt hatte. Diese legte nun am Wochenende ihre Sicht der Dinge dar - für rund 400000 Euro. Der Vizepremier steht nun als regelmäßiger Ehebrecher da, der seine Macht missbrauchte, um sich Frauen gefügig zu machen. Die Forderungen nach seinem Rücktritt werden immer lauter. Ebenfalls nur mehr an einem seidenen Faden hängt das Schicksal von Innenminister Charles Clarke. Dieser liess dass er drei Wochen vergehen, ehe er Premier Blair vollständig über den Skandal um über tausend "verlorene" ausländische Kriminellen informierte. Danach verstrickte er sich zunehmend in Widersprüche.

In London wird daher spätestens nach den Lokalwahlen eine umfassende Regierungsumbildung erwartet. Allerdings ist fraglich, ob das auf die Wähler Eindruck machen wird. Die Regierung wird mittlerweile von 57 Prozent als korrupt und inkompetent eingeschätzt. 64 Prozent sind mit der Arbeit von Blair unzufrieden, der schlechteste Wert, den er jemals erzielte. Labour versucht angesichts dieser verheerenden Umfrageergebnisse die Kampagne auf lokale Themen zu konzentrieren.

Zugleich wird der Chef der Konservativen, David Cameron, als rückhaltloser Opportunist dargestellt. Ein Video, das aber eher als unfreiwilliges Eingeständis der Ratlosigkeit Labours gelten muss, zeigt Cameron gar als Chamäleon. Cameron hat den Film locker genommen. Dennoch weiß der Tory-Chef, dass für ihn die Lokalwahlen eine erste Bewährung an den Urnen sind. Der 40jährige war Ende vergangenen Jahres nach einem monatelangen internen Wahlkampf zum neuen Chef der Partei gewählt worden.

Aber auch die Liberalen, dritte Kraft im Land, haben mit Sir Menzies Campbell inzwischen einen neuen Chef. Sein Vorgänger, Charles Kennedy, war anfang des Jahres über ein Alkoholproblem gestürzt.

Insgesamt werden 4.361 der 19.579 Sitze in 176 der 388 Gemeinde- und Stadträte Englands gewählt. Das Hauptaugenmerk richtet sich auf London, wo alle 32 Bezirksvertretungen neu gewählt werden.