Die Praxis der Schubhaft wird neu überdacht. | Wien. Kinder in Schubhaft, das kann nun doch nicht zur österreichischen Normalität werden. Entsprechende Proteste haben Innenministerin Maria Fekter (V) zum Einlenken veranlasst.
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Am Freitagnachmittag setzte sie den Wiener Fremdenpolizeichef Stefan Stortecky ab und kündigte an, den Anlassfall - die Abschiebung zweier kosovarischer Mädchen - nochmals prüfen zu wollen. Auch die mit der SPÖ bereits akkordierte Anwesenheitspflicht im Asyl-Aufnahmezentrum wurde verschoben. Kritik bleib nicht aus, von einem "Bauernopfer" war die Rede.
Die neue Linie, die dem Vernehmen nach maßgeblich von ÖVP-Chef Josef Pröll unterstützt wird, gab Fekter über "Presse" und "Kronen Zeitung" der Öffentlichkeit bekannt. "Der Fall wurde evaluiert. Er ist nicht optimal gelaufen. So dürfen Einsätze nicht ablaufen. Hier wurden im Vorfeld Fehler in der Planung gemacht, aber nicht bei den Beamten im Einsatz, sondern bei der Führung." Daher werde der Chef der Wiener Fremdenpolizei mit sofortiger Wirkung abgelöst.
Sie habe bereits vor zwei Monaten den Auftrag erteilt, die Fremdenpolizei zu optimieren, erklärte sie dann am Samstag, von einem Bauernopfer könne keine Rede sein. Fekter listete ihre Vorgaben für die Zukunft auf: So soll eine Koordinierungs- und Ombudsstelle für Familienrückführungen sowie ein eigener Personalpool geschaffen werden. Die Beamten sollen in der Regel Zivilkleidung tragen und ohne sichtbare Bewaffnung auftreten, die Unterbringung in Polizeianhaltezentren will die Ministerin bei Familien vermeiden. Härtefälle werden nochmals geprüft, außerdem soll es einen breiten Asyldialog geben.
Aus der Schusslinie zog sich Fekter auch bei der ursprünglich ab 1. Jänner 2011 geplanten Anwesenheitspflicht im Asylerstaufnahmezentrum zurück. Sie ließ das Thema von der Tagesordnung des Ministerrats nehmen, bestritt aber einen Zusammenhang mit der aktuellen Causa und verwies auf Bedenken in der Begutachtung. Die Verschärfung des Asylrechts kommt damit später, beschlossen wird diese Woche nur das von der SPÖ geforderte Bundesamt für Asyl und Migration.
Der Verein "Purple Sheep", der die Sache ins Rollen gebracht hatte, reagierte mit überschwänglichem Lob. "Es ist in Österreich keine Selbstverständlichkeit für MinisterInnen, Fehler zu erkennen und daraus Konsequenzen zu ziehen!", hieß es in einer Aussendung.
Sonst gab es viel Kritik. Fekter putze sich an der Beamtenschaft an, so die FPÖ, die ihr den Rücktritt nahelegte. Ähnliches forderten die Grünen, die an die Verantwortung der Innenministerin für die bestehenden Gesetze erinnerten. Auch das BZÖ machte Fekter als Verantwortliche für das derzeitige Chaos aus, und auch aus der SPÖ Oberösterreich kam Kritik.
Der Wiener Caritasdirektor Michael Landau forderte am Samstag einen Abschiebestopp für Familien mit Kindern. Dies sollte so lange gelten, bis die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung geklärt sei. Zusätzlich verlangte er beim Bleiberecht eine "sinnvoll angewendete Amnestie" nach fünf Jahren. Die Caritas hielt zusammen mit anderen Hilfsorganisationen der Initiative "Gegen Unrecht" am Sonntagabend eine Kundgebung am Stephansplatz ab.
Wenig Gemeinsamkeiten in Asylfragen haben Vertreter von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen am Sonntagabend in der ORF-Diskussionreihe "Im Zentrum" gefunden. Während SPÖ-Klubobmann Cap die bestehenden Gesetze verteidigte und nur den Vollzug kritisierte, stellte sich ÖVP-Generalsekretär Kaltenegger auch vor die Polizei. Alev Korun von der Grünen übte generelle Kritik, während FPÖ-Generalsekretär Vilimsky einen Stopp von Asylbetrug forderte.
Bürgermeister von Steyr wehrt sich
Im Streit um die Abschiebung zweier achtjähriger Mädchen in den Kosovo wehrt sich der Bürgermeister von Steyr, Gerald Hackl (S), gegen die Kritik Fekters. Die Ministerin hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des abgelehnten humanitärem Aufenthalts geäußert. Sein eigener Beamter habe sich für das Bleiberecht ausgesprochen, so der Bürgermeister im ORF-Interview. Hackl betonte, der Magistrat habe in dieser Frage gar keine Entscheidungskompetenz. Obwohl sein Beamter der Sicherheitsdirektion die Zuerkennung des humanitären Aufenthaltes sogar empfohlen habe, sei die Beurteilung dort trotzdem negativ ausgefallen, so Hackl.