Zum Hauptinhalt springen

Abschied des Basis-Einsteigers

Von Matthias Nagl

Politik

Josef Ackerl ist die Antithese des Quereinsteigers und dennoch umstritten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Linz. Sein jüngster verbaler Ausritt ließ Josef Ackerl auch zu seinem Abschied aus der Politik nicht los. Von seinen Mitarbeitern bekam der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter zum Abschied am Mittwoch ein "Tussi-Paket" mit diversen Scherzartikeln geschenkt. Ackerl hatte nach der Nationalratswahl Kathrin Nachbaur, die Klubobfrau des Team Stronach, auf Facebook als "Stronach-Tussi" bezeichnet.

Es war das bisher letzte Mal, dass Ackerl mit einer Äußerung für Aufregung sorgte und sich für seine Emotionen entschuldigen musste. Ackerl verdiente sich vor allem durch seine Verbalattacken auf politische Gegner sowie durch Kritik an der eigenen Partei bundesweite Bekanntheit. "Ich hab mir so manche Ansage leisten können, weil das Wissen um Zusammenhänge klare Positionen und spontane Antworten ermöglicht, wo andere sich nicht so leicht tun. Die Unbedachtheit, die Unverfrorenheit und die Nichtrücksichtnahme auf Gepflogenheiten sind nicht jedermanns oder jederfraus Sache. Darin bin ich nicht so leicht ersetzbar", sagte er zu seinem Abschied in einem "News"-Interview.

Vorliebe für Verbal-Fouls

Jedenfalls soll es damit nun vorbei sein. Nach dem SPÖ-Parteivorsitz gibt er auch das Sozialressort in der Landesregierung ab. Dass er in der Polit-Pension nicht mehr auffallen will, beteuerte Ackerl am Dienstag in seiner letzten Pressekonferenz. "Ich werde mich in öffentlicher Zurückhaltung üben und habe nicht die Absicht, Kommentare zur Landes- und Bundespolitik abzugeben."

Ackerl ist aber auch so der lebende Beweis, dass nicht nur Quereinsteiger, sondern auch Polit-Profis, die das Geschäft und seine Mechanismen seit Jahrzehnten kennen, Fettnäpfchen bisweilen zielsicher ansteuern. So musste der 67-Jährige nach 40 Jahren in der Politik die Mechanismen in sozialen Netzwerken wie Facebook auf die harte Tour erlernen.

"Alles, was man schreibt, pickt. Das kann man nicht mehr revidieren", sagt Ackerl heute. Das habe er erst in den letzten drei Monaten seines Politiker-Daseins gelernt. Deshalb will er auch auf schriftliche Memoiren verzichten. "Es gibt bereits genug Politikerbücher, die verschenkt werden müssen, dass sie jemand nimmt", sagt Ackerl.

Altersmilde für Freund

Dabei hätte er wohl genug zu erzählen. Ackerl ist das genaue Gegenteil eines Quereinsteigers. Als Bruno Kreisky noch Bundeskanzler war, hatte Ackerl als Vorsitzender der sozialistischen Jugend bereits eine bundespolitische Funktion inne. Anders als einige Nachfolger in dieser Funktion bewahrte er sich eine ausgesprochen linke Position bis ans Ende seiner politischen Laufbahn.

Diese führte ihn auf der Karriereleiter über die klassischen Stufen: Gemeinderat, Stadtrat und Landesrat, die letzten vier Jahre als Landesparteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter. Daran liegt es wohl auch, dass Ackerl Quereinsteigern grundsätzlich kritisch gegenübersteht. Noch vor eineinhalb Jahren sagte er in einem "Standard"-Interview, "dass die Erfahrungen der SPÖ mit Quereinsteigern bislang nicht gerade glänzend waren. Auch Politik muss man können. Ein Politiker, der ein eindimensionaler Mensch ist, scheitert unweigerlich."

Im Fall des jüngsten SPÖ-Quereinsteigers, EU-Spitzenkandidat Eugen Freund, gibt sich Ackerl aber altersmilde. Vielleicht liegt es auch daran, dass er zu seinem Abschied nicht mit (ohnehin ausreichend vorhandener) Kritik an der eigenen Partei auffallen will. "Ich habe mit ein paar Leuten geredet, die sich aufregen könnten, die haben sich nicht aufgeregt. Ich glaube an eine Inszenierung. Entscheidend ist die Grundhaltung", sagt Ackerl überzeugt.

Auch die Parteispitze bekam von Ackerl indirekt Lob für die Entscheidung. "Wahrscheinlich ist es bei der aktuellen öffentlichen Meinung gar nicht anders möglich, dass man Aufmerksamkeit für die EU bekommt, als dass man so jemanden dort hinsetzt", sagt er. Nun müsse sich Freund beweisen. Dass diesem die mangelnde Erfahrung im politischen Alltag fehlen werde, glaubt Ackerl nicht. "Wenn er gut wird, wird er ernst genommen, dann wird er auch etwas bewirken."

Mehr Geld lukriert

Auch seine Geschichte beweist, dass es selten ratsam ist, politische Karrieren an ihrem Beginn zu beurteilen. Ackerls Einstieg als Landesrat war mehr als holprig: Vor seiner Wahl zum Landesrat hatte er wieder einmal innerparteiliche Kritik geäußert - diesmal am Landtagsklub. Worauf ihm dieser die nötigen Stimmen für die Wahl zum Landesrat verweigerte. Ackerl wurde nur dank der Stimmen aus der ÖVP-Fraktion Sozial-Landesrat und blieb es dann aber mehr als 20 Jahre.

Am Donnerstag wird seine Nachfolgerin Gertraud Jahn, bisher Klubobfrau, im Landtag gewählt. Stolz verwies Ackerl zu seinem Abschied auf seine Errungenschaften im Sozialressort. Das Sozialbudget des Landes hat sich in seiner Amtszeit von knapp 200 Millionen Euro auf 533 Millionen Euro fast verdreifacht, der Personalstand in den Alten- und Pflegeheimen hat sich ebenfalls mehr als verdreifacht, was einem besseren Betreuungsangebot geschuldet ist, und bei der Betreuung von Behinderten verweist Ackerl gar auf eine Verfünffachung der entsprechenden Einrichtungen. In Erinnerung bleiben wird Ackerl dennoch eher wegen seiner kompromisslosen Wortspenden.