Österreichs Krisenbewältigung zeigt nur vordergründig Erfolge.
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Der Bundeskanzler meint, die Österreicher wollten weiterhin seine Sicherheit. Immerhin wollen das 73 Prozent der abgegebenen Stimmen nicht; rechnet man die Nichtwähler dazu, sogar vier Fünftel der Österreicher.
Dennoch: Sicherheit und Stabilität sind wichtige Kriterien auch für die Bewältigung der Zukunft, wenn sie sozialen Zusammenhalt und Zustimmung zum politischen Prozess signalisieren. Sicherheit und Fitmachen für die Zukunft schließen einander nicht aus. Letzteres kann eher bewältigt werden, wenn politische Identifikation besteht. Von den Regierungsparteien heißt es, wir seien ja dank ihrer vorsichtigen Politik so gut durch die Krise gekommen, deswegen wollen sie so weitermachen.
Das stimmt nur bedingt: Österreichs Krisenbewältigung zeigt zwar vordergründig erstklassige Erfolge. Schaut man aber hinter diese Daten, sieht man: Das Nationalprodukt stagniert, in den vergangenen fünf Jahren wurde gut das mögliche BIP eines ganzen Jahres nicht erzeugt; die Arbeitslosenrate ist niedrig, weil sehr viel in Arbeitsmarktmaßnahmen investiert wurde, deren Potenzial für sichere künftige Jobs aber gering oder, wie die sehr niedrige Erwerbsquote der über 50-Jährigen zeigt (Österreich ist EU-Schlusslicht), sogar negativ ist.
Rettungspakete für Banken wurden raschest gewährt (gut!), jedoch vom neuen Eigentümer nicht dazu genutzt, Österreichs Bankensystem auf stabilere Beine zu stellen; die Staatsschuldenquote ist um zehn Prozentpunkte gestiegen.
Aktive Europa-Politik
Österreichs Verschlechterungen im internationalen Wettbewerbsranking sprechen gegen die Selbstbelobigung der Regierung: Auch andere Länder hatten eine Krise, nutzten jedoch diese Zeit, um Zukunftssicherung durchzuführen.
Neben Lösungen für die vielen innerösterreichischen Probleme, die die vorige Regierung vor sich her schob - Ausbildungsschwächen von Kindergarten bis Universität, Gesundheitssystem, Finanzierbarkeit und Gerechtigkeitsaspekte des Pensionssystems, Zivilschutz und Landesverteidigung, stagnierende Forschungs- und Entwicklungsquote, effektive Armutsbekämpfung, Nutzung des Potenzials der Migranten und Minderheiten, Umweltschutz -, muss es endlich eine aktive Europapolitik geben: In der Wirtschaftspolitik fehlt jeglicher Impuls aus Österreich, fehlt die Artikulierung österreichischer Interessen, fehlt die nötige Abstimmung mit anderen Gleichgesinnten.
Österreich darf sich nicht länger wortlos der von Deutschland dominierten selbstzerstörerischen EU-Wirtschaftspolitik anschließen. Diese Politik trieb die EU und die Eurozone in die zweite Rezession 2010. Österreich muss seine Stimme lautstark für eine gezielte Wachstumspolitik erheben und in Knochenarbeit andere Länder davon überzeugen. Nur Wirtschaftswachstum und effiziente Budgetpolitik können die Staatsschulden langfristig abbauen.
Es müssen auch endlich Personen ans Ruder, die Wirtschaftspolitik argumentieren und die einzelnen Optionen selbst bewerten können, also einschlägigen Sachverstand haben. Ein Weitermachen wie bisher wird Österreich in einem Meer von Schulden ertrinken lassen, deren Zinsen und Rückzahlungen bei einem Anstieg der allgemeinen Zinsen andere wirtschaftlich und sozial produktive Staatsausgaben verdrängen werden und die vielbeschworene "Sicherheit" bedrohen.
Das Resultat wäre, noch mehr Wähler von der Wahl abzuhalten oder sie noch stärker den rechtspopulistischen Vereinfachern und ihrem Liebesgesäusel in die Arme zu treiben. Das haben die anderen 80 Prozent nicht verdient.
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Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in EBRD und Weltbank sowie Gruppenleiter im Finanzministerium. Er bloggt unter kurtbayer.wordpress.com