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Sparpaket und Schuldenbremse überlagern derzeit viele andere Themen, zu viele. Eines dieser Themen ist Industriepolitik im weitesten Sinn. Die Beispiele Griechenland, Portugal, aber auch Großbritannien haben gezeigt, dass Volkswirtschaften, die ihrer Industrie beim Abwandern einfach tatenlos zusehen, in enorme Schwierigkeiten geraten.
Österreich hat eine gute Industriestruktur, vor allem in Oberösterreich. Doch die Politik geht damit recht fahrlässig um. Das beginnt bei unerwünschten Investitionen am Erzberg, führt über die Endlosdebatten um 380-KV-Stromleitungen und endet bei Bauordnungen, die der (wirklich erfolgreichen) heimischen Holzindustrie nicht gerade helfen.
Dies alles ist Gift für den künftigen Wohlstand im Land. Die Industrie beschäftigt nicht nur Facharbeiter, sie beschäftigt auch viele nachgelagerte Dienstleistungen. In Summe macht dies einen großen Teil der Wirtschaftsleistung aus.
Österreich hatte - nach der Krise der 1980er - eine vorzeigbare Industriepolitik. Derzeit hat es gar keine. Nun wäre einzuwenden, dass auch die EU keine industriepolitischen Akzente setzt, aber hilfreich ist auch das nicht.
Die Regierung allein dafür verantwortlich zu machen, wäre zu billig. Es sind auch die Sozialpartner, die in diesem Bereich versagen. Die Industriellenvereinigung beispielsweise versucht sich derzeit vor allem als Gralshüter der Stiftungen. Niedrige Steuersätze werden propagiert und vor allem Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand. Dass die Industrie damit einem Teil ihrer eigenen Mitgliedsbetriebe das Leben schwer macht, scheint keine Rolle zu spielen.
Die Gewerkschaft, die bei Strategiefragen zur Industrie nicht weit von der Arbeitgeberseite entfernt ist, konzentriert sich auch immer stärker auf ihre Mitglieder im öffentlichen Dienst - die ohnehin unkündbar sind.
Die Auswirkungen solcher Politik sind in Spanien zu besichtigen: Die Hälfte der Jugendlichen findet dort keinen Job. Oder in Griechenland: Dort verlassen viele Junge einfach das Land.
Die Versäumnisse und Fehler, die dazu führten, wurden vor 10 bis 15 Jahren gemacht. Und so ist es auch in Österreich: Was derzeit industrie- und wirtschaftspolitisch unterbleibt, rächt sich bitter in späteren Jahren. Höchste Zeit also, dass sich Österreich seiner Industrie wieder besinnt - und das Thema auch in Brüssel aufs Tapet bringt.