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Absolute Mehrheit für Macron

Von Judith Kormann aus Paris

Politik

Emmanuel Macrons Partei " La République en Marche kann nach ersten Hochrechnungen 355 Sitze im Parlament für sich entscheiden.


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Paris. Er hat es geschafft. Wie erwartet geht die Partei von Frankreichs neuem Präsidenten "La République en Marche" aus den Parlamentswahlen als klarer Sieger hervor. Ersten Hochrechnungen zufolge bekommt LREM im Bündnis mit der Zentrumspartei MoDem 355 Sitze in der Nationalversammlung. 311 davon fallen auf Kandidaten aus Macrons eigener Partei.

Absolute Mehrheit in der Nationalversammlung für Macron

Der Sozialliberale Macron hat sich damit die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung gesichert. Mit diesem Rückhalt wird er sein Reformprogramm, mit dem er die Wirtschaft des Landes wieder in Schwung bringen will, ohne Schwierigkeiten umsetzen können.

"Die Franzosen haben die Hoffnung gewählt und nicht die Wut", freute sich Macrons Premierminister Edouard Philippe. Macrons Wahlsieg fällt allerdings weniger eindeutig aus als erwartet. Umfragen hatten seine Partei im Vorfeld zwischen 400 und 450 Sitze vorhergesagt.

Extrem niedrige Wahlbeteiligung

Getrübt wird das Resultat zusätzlich durch die extrem niedrige Wahlbeteiligung. Nur 43,4 Prozent der Franzosen gaben am heutigen Wahltag ihre Stimme ab. Das ist neues Rekordtief. Bereits vergangene Woche war die Wahlbeteiligung mit 48,7 Prozent auf den niedrigsten Stand bei einer Parlamentswahl gerutscht seit der Gründung der Fünften Republik im Jahr 1958.

Als zweitstärkste Partei gingen die Republikaner aus den Wahlen hervor. Mit 128 Abgeordneten bilden sie künftig die stärkste Kraft der Opposition im Parlament. Damit seinen die Konservativen "stark genug, um den Überzeugungen der Rechten Geltung zu verleihen", sagte ihr Vorsitzender François Baroin, der die Partei in den Wahlkampf geführt hatte.

"Die Linke muss sich komplett ändern"

Auf Platz drei landen die Sozialisten. Mit 48 Abgeordneten schneiden sie zwar besser ab, als von den Umfragen vorhergesagt. Das Resultat bleibt aber niederschmetternd für die ehemalige Regierungspartei, die bisher 271 Abgeordnete stellte. Parteivorsitzender Jean-Christophe Cambadélis gab kurz nach Bekanntwerden der Resultate seinen Rücktritt bekannt. "Die Linke muss sich komplett ändern", so die Bilanz des Sozialisten.

Der Front National verfehlt sein Ziel von 15 Abgeordneten, die nötig sind, um eine Fraktion zu bilden. Das Ergebnis fiel für die Partei aber weniger enttäuschend aus, als erwartet. Sie kann acht Abgeordnete in die Nationalversammlung entsenden, darunter ihre Vorsitzende Marine Le Pen. Dieser gelang in ihrer nordfranzösischen Hochburg Hénin-Beaumont der Sieg gegen die LREM-Kandidatin Anne Roquet.

Le Pen zieht zum ersten Mal in den Palais Bourbon ein

Le Pen zieht damit nach zwei erfolglosen Versuchen 2012 und 2007 zum ersten Mal in den Palais Bourbon ein. Die Rechtspopulistin meldete sich aus Hénin-Beaumont zu Wort und wies vor allem auf die historisch niedrige Wahlbeteiligung hin: "Macron hat die Franzosen in einen Zustand der Gleichgültigkeit und der Politverdrossenheit gestürzt", beklagt sie. Le Pen bezeichnete auch das Mehrheitswahlrecht, das in Frankreich bei den Parlamentswahlen zum Gelten kommt und große Parteien begünstigt, als antidemokratisch und forderte, es gegen ein Verhältniswahlrecht zu ersetzen.

Grund zur Freude hat der Linke Jean-Luc Mélenchon mit seiner Bewegung "Unbeugsames Frankreich". Im Bündnis mit der Kommunistischen Partei kann Mélenchons Bewegung 28 Abgeordnete entsenden. Mélenchon selbst konnte sich in seinem Wahlkreis Marseilles gegen die LREM-Politikerin Corinne Versini durchsetzen. Der Linkspolitiker richtet sich von dort an die Franzosen: "Unser Volk ist in eine Art Zivilstreik getreten", so seine Bilanz des Wahltages. Er sehe in der hohen Stimmenthaltung allerdings eine Energie im französischen Volk, mit der seine Bewegung "zum Kampf aufrufen werde".

Frankreichs Unterhaus wird weitgehend erneuert

Mit dem Durchmarsch von Macrons LREM-Kandidaten wird Frankreichs Unterhaus weitgehend erneuert. Zum ersten Mal ziehen zahlreiche Polit-Neulinge in den Palais Bourbon ein. Auch der Frauenanteil in der Nationalversammlung wird gewaltig steigen. Macron hatte bei der Auswahl seiner KandidatInnen auf strikte Geschlechtergleichheit geachtet.

Der erwartete Erdrutschsieg des Präsidenten hatte in Frankreich im Vorfeld der Abstimmung auch die Debatte um eine Änderung des Wahlsystems neu entfacht. Bei der Parlamentswahl wählen die Franzosen in 577 Wahlkreisen jeweils einen Abgeordneten. Das dabei geltende Mehrheitswahlrecht erleichtert stabile Regierungsmehrheiten, benachteiligt aber zugleich kleine Parteien. So fällt in der Regel eine große Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung an jene Partei, die in den Wahlkreisen womöglich nur knapp das Rennen gemacht hat. Premierminister Edouard Philippe hatte vor kurzem angekündigt, das System reformieren zu wollen.