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Abtreibung ist heute legal -und umstritten

Von Iga Niznik

Politik

Just zum 30. Mal jährte sich heuer das Parlamentsvotum zur Einführung der Fristenlösung. Allein der Gebrauch dieser Umschreibung, die für nichts anderes als "Frist zur straffreien Abtreibung" steht, lässt das Klima dieser Debatte erahnen: Im politischen als auch gesellschaftlichen Diskurs ist Abtreibung bis heute ein kontroverses Thema. Ins Gedächtnis gerufen wurde das erst unlängst von der Salzburger Landesregierung.


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"Eine Abtreibung darf keine soziale Frage sein." Durch die unter diesem Motto geforderte Einführung von Abtreibungen in öffentlichen Landesspitälern hat Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) im Juli eine hitzige Debatte losgetreten. Ihr Koalitionspartner, stellvertretender Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), erteilte den Plänen der Landeshauptfrau eine klare Absage und drohte sogar mit dem Bruch der Koalition. Im September möchte Haslauer ein "ausführliches Gespräch" mit Burgstaller führen. Dabei ist die Zustimmung der ÖVP gar nicht notwendig: Eine Weisung der Landeshauptfrau (und Ressortchefin) reicht zur Einführung aus.

Die juristische Grundlage für Burgstallers Pläne bietet der § 97 Strafgesetzbuch, allgemein bekannt als "Fristenlösung". Dieser besagt, dass ein Schwangerschaftsabbruch, innerhalb der Frist von drei Monaten nach Beginn der Schwangerschaft durchgeführt, straffrei bleibt. Rechtsanspruch auf Abtreibung erwächst daraus keiner - es ist lediglich freigestellt, einen solchen Eingriff vorzunehmen. Für die Spitalsträger (Bundesspitäler, Landesspitäler, Gemeindespitäler und Privatspitäler) ergibt sich daraus eine Kann-Bestimmung: Das Drurchführen von Abtreibungen ist Ermessenssache - so auch in Salzburg.

Abtreibungstourismus von Westen nach Osten

Zurzeit konzentrieren sich die 33 Krankenanstalten, in denen Abtreibungen vorgenommen werden, auf den Osten des Landes. Dabei ist die Steiermark führend, wo in 19 der 20 Landesspitäler Abtreibungen durchgeführt werden. Es folgen Wien mit sechs Krankenanstalten, Niederösterreich mit vier, Kärnten mit drei und Oberösterreich mit einer (siehe Grafik). In Tirol, Salzburg, Vorarlberg und dem Burgenland sind Schwangerschaftsabbrüche ausschließlich in privaten Krankenanstalten möglich. Wollen Frauen den Eingriff etwa aus Kostengünden von öffentlicher Hand durchführen lassen, müssen sie in ein anderes Bundesland ausweichen.

"Wer abtreiben möchte, findet sicher eine Möglichkeit"

Alexandra Bösch-Kemtner vom Ambulatorium für Schwangerenhilfe am Wiener Fleischmarkt verortet die Probleme ebendort. In Österreich fehlen ausreichende Regelungen, man brauche mehr Beratungsstellen und öffentliche Einrichtungen, die Abtreibungen durchführen. "Keiner kümmert sich wirklich um die Frauen", lautet der Vorwurf.

Helene Polaczek von "Aktion Leben" hingegen sieht den Zugang zu Abtreibung als ausreichend gewährleistet. Über finanzielle Hürden zu sprechen, sei der falsche Zugang, da Abtreibungen prinzipiell vermieden werden müssen. "Abtreibungen dürfen nicht von öffentlicher Hand finanziert werden", meint Polaczek.

Dass ihre Partei eine ähnliche Position vertritt, kritisiert eine junge ÖVP-Aktivistin aus Salzburg: "Abtreibungen werden somit zum Privileg der Reichen, die sich eine private Klinik leisten können." Öffentliche Schwangerschaftsabbrüche zu verurteilen, private aber zu befürworten, das gehe selbst ihr zu weit.