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Abtreibungsverbot bringt Irland Verurteilung ein

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Europaarchiv

Regierung muss Frau 15.000 Euro Schadenersatz zahlen. | Straßburg/Paris. Im katholisch geprägten Irland sind die Hürden für Frauen, die abtreiben wollen, hoch - auch dann, wenn die Schwangerschaft ihr Leben gefährdet. Zu hoch, befand am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.


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Er verurteilte den irischen Staat dazu, einer Frau 15.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen, die 2005 an einer seltenen Krebsform litt, ungewollt schwanger wurde und für eine Abtreibung nach Großbritannien reisen musste. Weder hatte sie in Erfahrung bringen können, ob ein Rückfall durch die Schwangerschaft oder ein Aussetzen der für den Fötus schädlichen Untersuchungen lebensbedrohlich für sie sei, noch ob das Kind bereits Schaden durch die Krebsbehandlung genommen hatte.

Die Klägerin habe nicht die notwendigen Möglichkeiten gehabt zu entscheiden, ob sie und ein Arzt sich strafbar machen und sogar eine Haftstrafe riskieren würden, wenn sie den Eingriff in Irland vornehmen lasse, heißt es in dem Urteil.

Das strikte irische Abtreibungsverbot sieht zwar eine Ausnahme vor, wenn das Leben der Schwangeren akut bedroht ist. Die Straßburger Richter bemängelten allerdings, dass das Parlament in Dublin diese Verfassungsbestimmung bis heute nicht rechtskräftig umgesetzt hat.

Am Abtreibungsverbot wird nicht gerüttelt

Am generellen Verbot eines Schwangerschaftsabbruchs in Irland rührten sie allerdings nicht; das liege im eigenen Ermessen des jeweiligen Staates. So wies das Gericht die Grundrechtsbeschwerden zweier weiterer in Irland lebenden Frauen zurück, die durch das Verbot ihr Recht auf Privat- und Familienleben verletzt sahen, es als unmenschliche Behandlung und Diskriminierung (mittelloser) Frauen anprangerten.

Beide hatten ebenfalls 2005 ihre ungeborenen Kinder in Großbritannien abtreiben lassen. Eine der Frauen war unverheiratet und arbeitslos, litt an Alkohol- und psychischen Problemen, weshalb die vier Kinder, die sie bereits hatte, in Heimen untergebracht waren. Für die Behandlung in einer britischen Privatklinik musste sie einen Kredit aufnehmen. Die andere Klägerin war trotz Einnahme der "Pille danach" schwanger geworden, ebenfalls ohne Partner und psychisch nicht auf ein Leben als Alleinerziehende eingestellt, zumal es Hinweise auf eine Fehlstellung des Kindes gab. Nach ihrer Abtreibung musste sie wegen Blutgerinnseln erneut nach Großbritannien fahren, weil sie die Behandlung in Irland aus Furcht vor Strafverfolgung nicht wagte. Die Richter erkannten zwar an, dass die Verfahren für die Frauen teuer und psychisch belastbar waren. Dennoch seien sie weder unmenschlich noch diskriminierend gewesen.

1992 hatten die Iren in einer Volksabstimmung beschlossen, dass Schwangerschaftsabbruch im Ausland und Informationen darüber rechtens sind. Ähnlich streng ist das Abtreibungsverbot auch in Polen. Absolut verboten, auch bei Lebensgefahr für die Mutter, sind Schwangerschaftsabbrüche in Europa nur in Andorra, San Marino und auf Malta.