Eine Fotografin und Filmemacherin wurde gerichtlich verurteilt, weil sie mit ihrem Werk Usbekistan in einem schlechten Licht gezeigt haben soll.
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Umida Achmedowa ist frei, die Kunst in Usbekistan ist es ein Stück weniger. Die Fotografin und Filmemacherin wurde wegen Verleumdung des usbekischen Volks verurteilt, entging aber ihrer Strafe durch eine Amnestie.
Einige der Bilder aus Achmedowas Fotoband "Männer und Frauen: Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang" machen eigentlich Lust, Usbekistan zu bereisen und zu entdecken. Sie zeigen Menschen auf dem Land; gewiss, in einer ärmlichen Umgebung, dafür aber meist zufrieden und sympathisch, auf alle Fälle interessant (zu sehen unter http://www.ferghana.ru/article.php?id=6406).
Vielleicht hat schon dieser Kontrast zu dem modernen, aufstrebenden und hoch technisierten Image, mit dem sich die zentralasiatische Republik präsentiert, für die Aufmerksamkeit der Behörden gesorgt. Eine staatliche Kommission, die sich mit den Fotografien Achmedowas befasste, konstatierte jedenfalls: "Ausländer, die diesen Fotoband sehen, müssen glauben, dass die Menschen hier im Mittelalter leben."
Besonders verärgert war die Kommission über das Geschlechterbild, das der Band vermittle. Durch Bilder, die Frauen beim Putzen zeigen, könnte man auf die Idee kommen, dass sie in Usbekistan keine andere Arbeit hätten. Beim Bild einer weinenden Braut platzte der Kommission offenbar endgültig der Kragen: "In Europa weinen Bräute nicht, wenn sie heiraten. Jeder Mensch im Westen wird denken, dass junge Frauen in Usbekistan zwangsverheiratet werden und deshalb weinen."
In der Tat engagiert sich Achmedowa gegen Diskriminierung von Frauen. Die 54-Jährige drehte daher den Film "Die Last der Jungfräulichkeit". Darin wird die Wichtigkeit der Jungfräulichkeit vor der Ehe in Usbekistan beschrieben. Blutige Bettlaken nach der Hochzeitsnacht präsentieren zu können, ist der Dokumentation zufolge in manchen Teilen Usbekistans offenbar nach wie vor essentiell.
Bilder und Erzählungen jedenfalls, die dem usbekischen Gericht missfielen. Achmedowa wurde im Februar wegen "Verleumdung und Beleidigung des usbekischen Volks" verurteilt, daran haben auch die tausenden Unterschriften und Solidaritätsbekundungen von Künstlern, Journalisten und Menschenrechtlern aller Herren Länder nichts ändern können. Die dafür vorgesehene Strafe reicht von einigen Monaten Arbeitslager bis zu mehreren Monaten Haft. Doch Achmedowa wurde begnadigt - weil sich die Unabhängigkeit Usbekistans gerade zum 18. Mal jähre, so die Begründung.
Achmedowa fühlte sich unschuldig und berief - erfolglos. Vor kurzem wurde das Urteil bestätigt; zu ihrem Glück auch die Amnestie, wodurch ihr eine Be-strafung auch weiterhin erspart bleibt. Doch andere Künstler sind gewarnt und das Glück einer Achmedowa lächelt nicht allen.