Rechtskräftig abgeschlossen ist nun ein Verfahren im Umfeld der Libro-Pleite: Der frühere Generaldirektor der Buch- und Papierwarenhandelskette Libro, Andre Rettberg (50), muss für acht Monate ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) bestätigte am Montag die Strafe gegen Rettberg, die in erster Instanz im Jahr 2006 vom Landesgericht Wiener Neustadt über ihn verhängt worden war. Damit ist Rettberg nun wegen versuchter betrügerischer Krida zu drei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt.
Der ehemalige "Sanierer" der Handelskette, die 2002 in den Konkurs schlitterte, habe versucht, sein Millionenvermögen vor den Gläubigern zu verheimlichen, so das Gericht. Privates Vermögen in Höhe von 4,4 Mio. Euro habe Rettberg mit Hilfe der Beratung eines Anwalts in Form eines Gewinnscheines den Banken entziehen wollen. "Ich wollte niemanden schädigen, sondern alle gleich behandeln", verteidigte sich Rettberg heute. Sein Anwalt Elmar Kresbach führte die "schlechte Rechtsberatung" durch einen "bedeutenden Wirtschaftsanwalt" als Milderungsgrund für den gelernten Buchhändler an. Der Gewinnschein Rettbergs habe schon vor der auf Anraten seines Anwalts eingegangenen Konstruktion existiert, der genaue Wert dieses Wertpapiers sei auch nicht feststellbar, argumentierte Kresbach und plädierte für eine bedingte Strafe.
Oberstaatsanwalt Georg Krakow verwarf in seinem Plädoyer die Argumente der Anwälte. Vergleiche mit - nicht rechtskräftigen - Urteilen aus dem BAWAG-Prozess seien nicht zielführend, Strafen würden bemessen und nicht gemäß der Schadenshöhe "ausgerechnet". "Man darf nicht eigenes Privatvermögen vor den Gläubigern verstecken", sagte Krakow.
Bestätigt wurde heute auch die Haftstrafe für den mitverurteilten ehemaligen Anwalt Rettbergs. Wegen Beitragstäterschaft zur versuchten betrügerischen Krida muss der seit 2004 suspendierte Anwalt ein Jahr ins Gefängnis, zwei Jahre Haft wurden bedingt ausgesprochen. Dessen damaliger Chef, ein Wiener Wirtschaftsanwalt, steht in der Causa noch immer vor dem erstinstanzlichen Gericht, aus Gesundheitsgründen kam es zu Verzögerungen. Für den Wirtschaftsanwalt gilt die Unschuldsvermutung.
Die nun bestätigten Strafen seien schuldangemessen, begründete der Vorsitzende des Berufungssenats, Herbert Körber, die Entscheidung. Rettberg selber blieb während des Spruchs still, vor dem Verhandlungssaal drückte er dann seinen Unmut aus: "Ich kann dazu nichts sagen, das Ganze geht am Sachverhalt vorbei", so der frühere Libro-Manager.
Rettberg war als Sanierer der Buch- und Papierwarenkette Libro geholt worden und hatte diese in Folge zu ehrgeiziger Expansionspläne nach einem Börsengang im Jahr 2002 in den Konkurs geführt. Bei der heute abgeschlossenen Causa geht es eigentlich um eine "Nebenfront" der Insolvenz. Ob Rettberg wegen der Libro-Pleite überhaupt vor Gericht gestellt wird, ist auch sechs Jahre danach noch unklar. Das Verfahren befinde sich im Ermittlungsstadium, hieß es von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegenüber der APA. Wann die Entscheidung über eine eventuelle Anklage falle, stehe derzeit noch nicht fest. Rettberg selber rechnet jedenfalls mit einer Anklage gegen ihn, wie er heute vor Journalisten erklärte. Ein allfälliger Libro-Pleite-Prozess könnte zu einem neuen Mega-Wirtschaftsverfahren werden: Etwa zehn bis zwölf Personen könnten letztlich als Angeklagte vor dem Richter stehen, meinen Beobachter.
Die Handelskette Libro gehört heute zum Wirtschaftsimperium des Industriellen Josef Taus.