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Immer öfter geht eine scheinbar avantgardistische Elite mit dem moralischen Holzhammer gegen jeden vor, der nicht ihren Vorstellungen entspricht.
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Die Versuchung, durch ein bisschen Diktatur mehr Gerechtigkeit herstellen und somit ein paar Feinde ausschalten zu können und die Medien gleich mit, kommt sehr oft in nettem (oftmals linkem Gewand) daher und wird partout verharmlost. Bei der Demonstration gegen Schwarz-Blau vergangenen Samstag waren den Inhalten der Schriftzügen nach, die auf Pullovern, Jacken und Transparenten der Demonstranten zu lesen waren, auch nicht nur lupenreine Demokraten anwesend, die der Regierung aber eine "Politik gegen Demokratie" vorwarfen. Den Despoten-Verstehern, die mit den Konterfeis von Mao, Lenin oder Che Guevara (einem Schwulenhasser) als Hipster-Heiligen umherziehen, kann zugutegehalten werden, dass sie nach dem Motto handeln: Wer für "soziale Gerechtigkeit" kämpft, darf auch ein paar zweideutige Figuren einsperren, die Medien knebeln und die Wirtschaft ruinieren. Glücklicherweise werden einem Hitler, Mussolini oder Franco diese sozialen Heldentaten nicht zugetraut - somit fällt zumindest einmal die rechte Seite weg. Aber warum gibt es auf der linken Seite so viele scheinbare progressive Heilsbringer, die sich zum Weltrichter aufschwingen und politische Gegner in einem Akt berechtigter Notwehr erledigen möchten?
Immer öfter wird mit dem moralischen Holzhammer einer scheinbar avantgardistischen Elite, die in klimatisierten Innenstadtbüros weilt, gegen jeden vorgegangen, der nicht ihren Vorstellungen entspricht. Da weinte man schon offiziell einem Fidel Castro nach oder beglückwünschte den venezolanischen Despoten Hugo Chavez zu dessen Wiederwahl. Denn die Vorstellung, dass jemand offiziell für sympathische Anliegen wie die Befreiung der Menschheit kämpft, aber gleichzeitig zu bösen Taten fähig ist, scheint bis heute für viele schwer erträglich.
Auch Lukas Resetarits, ein bekennender Sozialdemokrat, hat 2017 im Ö1-"Mittagsjournal" anlässlich seines Geburtstages zugegeben, dass auch er oftmals Opfer einer Denkweise war, die es nicht zuließ, gewisse Meinungen zu tätigen, die auch nur das Entfernteste mit einer FPÖ-Politik zu tun gehabt hätte. Das zeigt, wie eindimensional wir uns in dieser mediatisierten Welt geben. Wenn wir nicht Meinungen zulassen und argumentativ fundiert diskutieren können, ohne Angst zu haben, dass man, zwar nicht von der Stasi, aber medial via "soziale Netzwerke" der Psychohygiene anderer ausgesetzt wird, oder gar - leider immer öfter - auch den etablierten Medien, dann wird auch die geistige Elite ausgedünnt werden.
So war auch das extreme Versagen des Staates bei der Grenzsicherung im Jahr 2015 für viele in Ordnung, schließlich gelte es ja Menschen zu helfen, unabhängig davon, ob man wusste, wer da aller über die Grenzen kam. Jene, die auf Probleme, die entstehen könnten, hinwiesen, wurden ins rechte Eck gestellt und somit mundtot gemacht. Dass Hilfe vor Ort mit langfristigen Projekten definitiv besser wäre, ist hinlänglich bekannt, aber natürlich bei weitem nicht so medial präsent wie ein Einklatschen am Westbahnhof. Da will man dabei sein. Da darf nichts Schlechtes dran sein. Dass Integration mehr ist als die Auszahlung von Sozialhilfe und Deutschkurse, sondern oftmals zu Exklusion der neu angekommenen Menschen führt, kümmert nachher weniger. Eine Sprache lernt sich ja auch sofort und leicht, ebenso ist doch die Weiterbildung in einer mittlerweile extrem komplexen hochtechnisierten Gesellschaft wie der unsrigen ein Kinderspiel.
Eine Dozentin der Uni Basel machte kürzlich mit dem Gedanken von sich reden, Taxi- und Flugunternehmen, aber auch alle öffentlichen Institutionen sollten Rechtsnationale boykottieren und ihre Initiativen ignorieren. Der Tenor der "Entschuldigung" für diese Entgleisung war nur, die Autorin habe sich doch nur vom Prinzip des "zivilen Ungehorsams" leiten lassen, von antidemokratischen Manifesten könnte dabei keine Rede sein. Auf der anderen Seite gibt es einen extremen Aufschrei wegen eines Sagers von Innenminister Herbert Kickl (Stichwort "konzentriert").
Dieses ständige Abwägen von Worten, die in Zusammenhang gebracht werden mit Dingen, die mit dem eigentlichen Sachverhalt nichts mehr zu tun haben, und gleichzeitig die totalitäre Versuchung des Verharmlosens (egal, von welcher Seite sie kommen mag) machen eine Gesellschaft zu einer hysterischen, die offensichtlich nur noch in Katastrophen denkt und hofft, endlich irgendetwas aufbauschen zu können. Ganz nach Facebook-Manier: Wer nicht auffällt, der geht unter, darum muss es ständig eskalieren.