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Achtung, dies ist ein Uber-Fall!

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Branche für Branche greifen digitale Plattformen traditionelle Anbieter von Dienstleistungen an. Das gesetzlich zu verhindern, wäre töricht.


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Es war wohl das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass sich ein Streik nicht gegen finstere Kapitalisten, sondern gegen ein simples Computerprogramm, nämlich eine Handy-App, richtete, als diese Woche Taxifahrer in Berlin, London und Paris für einige Stunden den Verkehr lahmlegten. Sie protestierten gegen Uber, eine App, die in den USA höchst erfolgreich private Anbieter von Fahrten mit Kunden zusammenbringt und nun beginnt, Europa zu erobern. Jeder, der Zeit und ein Auto hat und ein paar Minimalbedingungen erfüllt, kann über Uber seine Dienste anbieten. Für die Kunden ist das oft billiger und schneller als ein herkömmliches Taxi, was deren Betreiber natürlich nicht sehr lustig finden.

Derartige Auseinandersetzungen zwischen etablierten Gewerben und digitalen Marktplätzen werden immer häufiger. So leidet etwa die Hotellerie zunehmend unter der erfolgreichen Plattform AirBnB, wo Private Wohnungen oder auch nur Zimmer kurfristig an Touristen und Geschäftsleute vermieten können; das System ist derart beliebt, dass AirBnB heuer schon mehr Umsatz generiert als die großen globalen Hotelketten. Und dass Amazon nicht nur dem Buchhandel das Leben zur Hölle macht, sondern sukzessive auch andere Bereiche des Handels erobert, gehört zu den Standard-Beschwerden der ortsfesten Händler.

Branche für Branche, Kontinent für Kontinent greifen digitale Plattformen traditionelle Dienstleistungsanbieter an, in den meisten Fällen mit großem Erfolg. Das freut die Kunden, ohne die solche Umwälzungen nicht möglich wären, bedroht aber die Existenz von hunderttausenden, wenn nicht gar Millionen Europäern.

Die Politik steht vor der schwierigen Frage: Soll sie sich an die Seite der potenziellen Modernisierungsverlierer stellen und die neuen Anbieter gesetzlich auf Distanz halten - oder den freien Markt entscheiden lassen und damit erhebliche soziale Verwerfungen riskieren?

Wenig überraschend neigt sie in Europa dort, wo die Debatte - anders als in Österreich - schon intensiv geführt wird, eher zur etatistischen Abschottung. Uber wird bereits in einigen Städten Europas regulatorisch so bedrängt, dass die App de facto verboten ist. Auch AirBnB und seinen vielen Kunden wird vor allem in Deutschland das Geschäft tendenziell immer schwerer gemacht.

So verständlich diese Reaktion sein mag, so falsch und volkswirtschaftlich schädlich ist sie. Innovationen zu verbieten oder gesetzlich über das vernünftige Maß hinaus zu behindern, rettet auf lange Sicht keine Arbeitsplätze, behinderte aber die Innovationskraft und damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes langfristig erheblich.

Dass etwa die englischen Kohle-Heizer in den 1970ern erzwangen, auch auf E-Loks Dienst zu tun, hat zwar einige Jobs einige Jahre gerettet, der britischen Wirtschaft aber geschadet - was heute nicht anders wäre, setzten sich die Gegner der digitalen Innovationen wie Uber durch. Anstatt sich ihr töricht und regulatorisch entgegenzusetzen, sollte die Politik sie sich ungestört entfalten lassen - und ihren unvermeidlichen Opfern mit den Mitteln eines der voluminösesten Sozialstaaten der Welt dort helfen, wo das aus sozialen Gründen nötig ist. Uber übrigens hat vom Streik der Taxler profitiert - wenig überraschend vervielfachten sich die Umsätze an diesem Tag.