Oder: Warum dem Computerzubehör-Hersteller Logitech eine Gewinnwarnung von 20 Millionen US-Dollar einen Kursverlust von 20 Prozent bescherte.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Menschen werden ungern enttäuscht und Anleger noch viel weniger. Und Letztere haben die Macht, diejenigen, die sie enttäuscht haben, "abzustrafen".
So wurde zum Beispiel vor kurzem der internationale Computerzubehör-Hersteller Logitech von den Investoren "abgestraft", was in diesem Fall bedeutete, dass es zu Verkäufen der Aktie und einen dadurch ausgelösten Kurseinbruch des unter anderem an der Schweizer Börse gelisteten Titels um knapp 20 Prozent kam.
Die Anleger waren enttäuscht, dass der Konzern eine sogenannte Gewinnwarnung - übrigens das österreichische Unwort des Jahres 2008 - herausgeben musste. Das heißt, dass Logitech die Gewinnprognosen für 2011 nach unten revidieren musste - und zwar um knapp 20 Millionen US-Dollar, von mindestens 170 auf höchstens 150 Millionen US-Dollar.
Grob gerechnet kostete also jede Million der Gewinnrevision das Unternehmen einen Schweizer Franken im Aktienkurs.
Logitech erläuterte seinen Investoren, dass in der EMEA-Region, also Europa, Naher Osten und Afrika, die Nachfrage nach Produkten wie Computermäusen bisher geringer ausgefallen ist als erwartet. Das hat deshalb bereits jetzt eine Auswirkung auf das gesamte Geschäftsjahr, weil Logitech ein sogenanntes "verschobenes Geschäftsjahr" hat, das am 31. März endet. Einige Firmen entschließen sich zu so einem Schritt, um etwa saisonbedingte Absatzhochs - zum Beispiel zu Weihnachten - noch berücksichtigen zu können.
Eine Gewinnrevision bedeutet allerdings nicht zwingend, dass sich fundamental an der Stabilität einer Firma etwas geändert hat. Sie ist auch kein Indiz dafür, ob der Einbruch in der Nachfrage vorübergehend ist oder länger anhalten wird.
Ein ähnliches Schicksal ereilte den österreichischen Büromöbelhersteller Bene, der ebenfalls einen - wenngleich weitaus kleineren - Einbruch in seinem Aktienkurs zu verzeichnen hatte, nachdem erste Prognosen zu den Umsatzzahlen für das Finanzjahr 2010/2011, das bei Bene am 31. Jänner endete, bekanntgegeben worden waren.
Jetzt ist Bene für Raiffeisen allerdings eine Kaufempfehlung. Denn, so erläutert Birgit Kuras, Chefanalystin der Raiffeisen Centrobank, es handle sich um einen "spätzyklischen" Titel, das heißt, dass Bene später als andere auf Krisen und Aufschwünge reagiert. Der vorangegangene Kursrückgang könnte sich daher für Anleger als guter Einstiegszeitpunkt erweisen. Kuras fügte hinzu, dass im Vorjahr insgesamt rund 35 Prozent der im Wiener Börsenindex ATX enthaltenen Firmen die Gewinnerwartungen nicht erfüllten, 40 Prozent erreichten ihr Ziel und 26 Prozent lagen darüber.
Solche Gewinnrevisionen nach oben führen zu vermehrten Käufen einer Aktie. Deshalb beobachten Analysten wie Hans Engel aus dem International Equity Research Team der Erste Group, wöchentlich mögliche Gewinnrevisionen von Firmen in ausgewählten Indizes, um Kursverläufe vorhersagen zu können.
So sieht Engel derzeit ein Anhalten des deutlichen Aufwärtstrends in Osteuropa, da die Gewinnrevisionen der im "MSCI Emerging Europe Index" enthaltenen Firmen durchwegs wieder positiv sind. Anders etwa in anderen "Emerging Markets", also Schwellenländern, wo bisher auch ein guter Aufwärtstrend im Index zu verzeichnen war, eine Anhäufung von Gewinnwarnungen jedoch laut Analysten zu einem Abschwung führen wird.
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.