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Die Wogen rund um das geplante Anti-Piraterie-Abkommen Acta gingen in den vergangenen Tagen ungewohnt hoch. Das Handelsabkommen entzweit europaweit die Gemüter. Der schmale Grat läuft zwischen dem notwendigen Schutz geistigen Eigentums und der Gefahr für die Freiheit im Internet.
Acta steht für "Anti-Counterfeiting Trade-Agreement". Es handelt sich um ein Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie, das den Schutz geistigen Eigentums verbessern soll - sowohl in der Realwirtschaft als auch im Internet. Der Rahmen des Abkommens reicht von der Abwicklung von Zollkontrollen bis hin zur Verfolgung von illegalen oder vermeintlich illegalen Downloads von Musikdateien in einer Tauschbörse im Netz. Im Abkommen werden allgemeine Pflichten der Vertragspartner, etwa "Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen", Schadenersatz oder Rechte bei Beschlagnahmungen festgehalten. Mit Blick auf das Internet klingt das Abkommen vage, unter anderem werden "Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben" angeregt. Zudem sollen Behörden Provider zwingen können, Kundendaten offenzulegen.
Schwammige Formulierungen und mögliche Gefahren für den Datenschutz sind den Gegnern ein Dorn im Auge. Sie befürchten, dass Internetprovider im Extremfall bei vermuteten Rechtsverstößen Internetanschlüsse sperren könnten. Ausdrücklich vorgesehen ist dies in dem Abkommen aber nicht. Kritisiert wird zudem, dass Acta im Wesentlichen zwischen Industriestaaten abgeschlossen wurde und Länder, in denen es hauptsächlich zu Problemen in der Rechtsdurchsetzung komme, etwa Indien oder China, nicht eingebunden seien. Ebenso wenig auch die Zivilgesellschaft.
In Österreich mehren sich nun die Stimmen, die eine neuerliche Überprüfung und Diskussion von Acta fordern. Arbeiterkammer und Datenschützer, aber auch Parteien rufen zum "Kampf gegen Acta" auf. Es wäre jetzt an der Zeit, die Notbremse zu ziehen, den Ratifizierungsprozess zu stoppen und Acta auf Eis zu legen. Doch das Abkommen wurde schon unterzeichnet, und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat angesichts der Aufregung versucht, beruhigend zu agieren. "Die österreichische Rechtslage wird dadurch nicht verändert", so seine Aussage.
Othmar Karas, Vizepräsident im EU-Parlament, ortet bei Acta noch "sehr viele offene Fragen". Die SPÖ-Delegation im EU-Parlament hat mitgeteilt, gegen Acta stimmen zu wollen. Grüne, BZÖ, FPÖ und der fraktionslose EU-Mandatar Martin Ehrenhauser hatten sich zuvor ebenfalls kritisch zu Acta geäußert.