Nach Warnstreik Drohung mit Käuferboykott | Frankfurt. "AEG - Aus Erfahrung gut", so hat der allgegenwärtige Werbespruch des wiederaufblühenden Konzerns nach dem Zweiten Weltkrieg gelautet. Der Niedergang des im Jahr 1883 gegründeten Unternehmens mit einstiger Weltgeltung ist allerdings schon lange besiegelt. Nach der Übernahme von Markennamen und Fabrikation von Waschmaschinen, Geschirrspülern und Trocknern in Nürnberg will die schwedische Muttergesellschaft Elektrolux nun am 24. Oktober entscheiden, ob das fränkische Werk mit seinen 1750 Arbeitsplätzen dicht gemacht und die Fabrikation nach Polen verlegt wird. "Am Ende gescheitert" sind die Worte, die die Beschäftigten nun hinter dem traditionsreichen Firmenkürzel AEG vermuten.
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Einst der größte Konzern der Welt
Dabei hatte vor 122 Jahren alles so strahlend begonnen. Glühbirnen waren der Renner, mit dem die Deutsche-Edison-Gesellschaft für angewandte Electricität (DEG) ihren Erfolg begründete. Im Jahr 1887 in Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) umbenannte Firma war zwei Jahrzehnte später der grösste Konzern der Welt. Drehstromgeneratoren oder Elektroloks, Kaffeekocher oder Radios - es gab wenig auf dem Gebiet der Elektrotechnik, das bei AEG nicht gefertigt. AEG hat Rundfunksender gebaut und Flugzeuge, Atomkraftwerke und Computer.
Träger des deutschen Wirtschaftswunders
Unter dem AEG-Logo wurden der Farbfernseher erfunden und das Bildtelefon, die elektronische Fernsehkamera und das Tonband. Nach dem Zweiten Weltkrieg war AEG Teil und Träger des "Wirtschaftswunders". Symbol dafür ist nicht nur der "Föhn", der - benannt nach einer von AEG übernommenen Berliner Firma - 1959 auf den Markt kam.
Für den herausragenden Beitrag des Nürnberger Hausgeräte-Werks zum Konzernerfolg der letzten 50 Jahre steht die Waschmaschine Lavamat, die als Verkaufsschlager bis heute sogar den legendären VW-Käfer überlebt hat.
Doch eine Milliardenpleite beim Bau des Atomkraftwerks Würgassen an der Weser und das Scheitern an der Computertechnologie läuteten den Niedergang ein. Nach der Zerschlagung des verschuldeten Konzerns wurde 1999 die Konzernzentrale am Frankfurter Mainufer abgerissen. Heute arbeiten noch fünf Beschäftigte für die Daimler-Chrysler-Tochter Elektro Holding Gesellschaft. Die Rechtsnachfolgerin der AEG verwertet den übrig gebliebenen Besitz im Wert von weit mehr als einer Milliarde Euro und ist für die Betriebsrenten von 45.000 ehemaligen AEG-Beschäftigten verantwortlich.
Die 1750 Beschäftigten des Hausgerätewerkes in Nürnberg geben die Hoffnung noch nicht auf: Nach dem Warnstreik vom Mittwoch könnten weitere Maßnahmen folgen. Die Gewerkschaft denkt etwa an einen europaweiten Käuferboykott aller Electrolux-Produkte.