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Aeroflot winkt ab, Lufthansa wartet

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Russen sehen bei der AUA mehr Risiken als Vorteile. | Lufthansa verschärft trotz Gewinn Sparkurs. | Wien. Die AUA (Austrian Airlines) steht offiziell noch gar nicht zum Verkauf - der Privatierungsauftrag, den sich ÖIAG-Chef Peter Michaelis dringend wünscht, war am Mittwoch in Wien weiter heftig umstritten. Dennoch gab es bereits die erste Absage eines möglichen Bieters.


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Einen Tag, nachdem die Republik ihren rund 43 Prozent umfassenden Staatsanteil mit einem aktuellen Börsenwert von etwa 150 Millionen Euro in die Auslage stellte, sagte die russische Aeroflot ab. "Die Risiken übersteigen die Vorteile", so die Sprecherin der russischen Fluglinie, Irina Dannenberg, zur Nachrichtenagentur Reuters in Moskau. Man werde daher kein Angebot für die Austrian Airlines legen, sagte die Sprecherin, nachdem noch im Juni Vize-Generaldirektor Lew Koschljakow erklärt hatte, man studiere die Situation bei der AUA mit Interesse und sehe sich an, was dort geschehe.

Der Aeroflot, die seit längerem einen Türöffner in dem Westen sucht und zuletzt bei der Alitalia nicht zum Zug gekommen war, war zugetraut worden, in einem Bieterverfahren für die schuldenbeladene AUA auf einen Schlag mehr Geld hinlegen zu können als die auf ihr eigenes Rating bedachte deutsche Lufthansa. Die Russen gelten auch als Interessenten für die demnächst zur Privatisierung anstehende kleine serbische "Jat Airways" und die tschechische CSA.

Die Lufthansa, die ein Gutachten der Beraterfirma Boston Consulting Group als am besten geeigneten AUA-Partner genannt hatte, hielt sich am Mittwoch bedeckt. "Wir werden uns mit dem Thema befassen, wenn es akut ist", sagte Lufthansa-Finanzvorstand Stephan Gemkow. Es gebe derzeit "keine Klarheit über die in Österreich laufenden Prozesse für einen möglichen Verkauf".

Lufthansa wartet ab

Die Lufthansa schrieb im ersten Halbjahr trotz auf 2,5 Milliarden Euro angestiegener Treibstoffkosten einen operativen Gewinn in der Rekordhöhe von 705 Millionen Euro. Mit der AUA ist sie bereits über die "Star Alliance" verbunden. Die beiden Unternehmen kooperieren aber auch im Nachbarschaftsverkehr und in der Technik. Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber hat bei früheren Diskussionen stets angedeutet, nur an Mehrheiten interessiert zu sein. Trotz des starken Halbjahres will Mayrhuber im eigenen Unternehmen noch stärker auf die Kostenbremse treten und den bisher nur für die Verwaltung geltenden Einstellungsstopp auch auf die operativen Bereiche ausweiten.

Gegenüber den aktuellen Lohnforderungen - der Streik führte am dritten Tag zum Ausfall von 70 Europa- und acht Interkontinentalflügen der Lufthansa - will er ebenfalls hart bleiben: Für die nächsten fünf Tage gab die Lufthansa einen "Sonderflugplan", bei dem zehn Prozent aller Flüge gestrichen werden.

Abwarten will auch die von den Consultern in die engere Wahl gereihte staatliche Turkish Airlines; Man habe noch keine Vorschläge zu einer Partnerschaft mit der AUA erhalten. Sollte es dazu kommen, würde man dies in Erwägung ziehen, teilte Turkish Airlines mit.

AUA-Chef Alfred Ötsch hatte angekündigt, ohne die rasche Hereinnahme eines starken Partners müsste noch heuer ein "massive Redimensionierung" der AUA mit Jobabbau und Streckeneinstellungen eingeleitet werden. Ötsch erwartet für das Jahr 2008 einen Verlust von 70 bis 90 Millionen Euro.

Streit wird schärfer

Ob im laufenden Wahlkampf noch ein Beschluss des Privatisierungsauftrages beim Ministerrat im August gelingt, ist offen. Der politische Schlagabtausch zum AUA-Verkauf wurde jedenfalls am Mittwoch heftiger: Während die ÖVP - darunter Finanzminister Wilhelm Molterer und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein - einen starken Partner für die AUA einfordern und den Noch-Koalitionspartner zur raschen Zustimmung drängen - das Thema sollte aus dem Wahlkampf herausgehalten werden - warnte die SPÖ weiter vor "überstürzten Handlungen" und einer "Verscherbelung" der Airline. SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter hat eine parlamentarische Anfrage an den für die ÖIAG zuständigen Finanzminister gestellt. Er will von Molterer bis spätestens 6. August - wissen, "warum tatenlos zugesehen wurde, dass die AUA durch fehlende Strategie, fehlende mittelfristige Planung, mangelhaftes Flottenmanagement sowie unterbliebene Treibstoffsicherungsgeschäfte in eine veritable Krise geschlittert ist". Im Zusammenhang mit dem geplatzten Einstieg des Investors Al Jaber fragt Kräuter unter anderem nach dem möglichen gerichtlichen Nachspiel der Causa. Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter deponierte: "Einen überstürzten Notverkauf wird es mit der SPÖ jedenfalls nicht geben." Am Freitag berät der ÖIAG-Aufsichtsrat.