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Affäre belastet Giulianis Wahlkampf

Von WZ-Korrespondent Matthias G. Bernold

Europaarchiv

Vorwürfe gegen Ex-Polizeichef von New York. | Prozess wegen Geschenkannahme, Korruption und | New York. Die Konkurrenz von Rudolph Giuliani wittert Morgenluft. Senator John McCain, Giulianis derzeit stärkster Widersacher im Rennen um den republikanischen Präsidentschaftskandidaten, nutzte die Gunst der Stunde zur Kritik: "Rudy Giuliani hat wiederholt persönliche Loyalität über die Faktenlage gestellt", hieß es aus dem Wahlkampfbüros McCain's.


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Anlass der Schelte: Der ehemalige New Yorker Polizeichef Bernard B. Kerik muss wegen Korruption, Steuerhinterziehung und Behinderung der Justiz vor Gericht. Eine Grand Jury hatte Ende vergangener Woche die Anklage bestätigt. Kerik, der während Giulianis Amtszeit als New Yorker Bürgermeister die Polizei geleitet hatte und für den Posten des Chefs des Department of Homeland Security im Gespräch war, plädierte auf nicht schuldig.

Die Affäre könnte weite politische Auswirkungen haben. Die Verstrickungen seines Vertrauensmannes belasten nämlich die Präsidentschaftskandidatur des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters, der als Favorit unter den republikanischen Bewerbern gilt.

Die US-Anklagebehörde wirft Kerik unter anderem vor, zwischen 1999 und 2004 obskure Einkünfte und Sachzuwendungen in der Gesamthöhe von 500.000 Dollar lukriert und nicht versteuert zu haben.

Der 52-Jährige hatte bereits im Vorjahr eingestanden, von einem Bauunternehmen 165.000 Dollar angenommen zu haben, um damit sein Apartment in der Bronx zu renovieren. Dem Unternehmen werden Verbindungen zum organisierten Verbrechen nachgesagt. Die Zuwendungen - so berichtete damals die "New York Times" - hätten Kerik dazu bewegen sollen, behördliche Bewilligungen zu erwirken.

Letzte Woche wurde Kerik gegen eine Kaution von 500.000 Dollar auf freien Fuß gesetzt. Dienstwaffe und Pass musste er abgeben. "In meinem Leben hat es immer Herausforderungen gegeben", sagte Kerik beim Verlassen des Gerichtsgebäudes, "während meiner Schulzeit, als kleiner Polizist und als Polizeichef. Der Prozess ist eine weitere Schlacht, die ich schlagen werde." Im Fall einer Verurteilung drohen Kerik längstens 20 Jahre Haft.

Aufstieg und Fall

Kerik, der aus einfachen Verhältnissen kommt, hatte eine glänzende Karriere hinter sich. Giuliani hatte ihn zunächst als seinen Fahrer und Bodyguard engagiert und mit immer verantwortungsvolleren Positionen betraut. Für seine Arbeit nach den verheerenden Terroranschlägen auf die Twin Towers wurde der Schulabbrecher und ehemalige Undercover-Drogenfahnder hoch gelobt. Als Kerik aus dem Amt schied, veröffentlichte er seine Autobiographie - das Buch rangierte wochenlang auf den Bestsellerlisten.

Höhe-, aber auch Wendepunkt seiner Karriere war seine - von Giuliani und George W. Bush unterstützte - Nominierung für den Posten des Leiters des Department of Homeland Security, der nach den Anschlägen neu geschaffenen Zentralbehörde für Angelegenheiten der inneren Sicherheit, im Jahr 2004. Als Kerik nach Medienberichten in Korruptionsverdacht geriet, setzte die Stadt eine Prüfkommission ein. Kerik zog daraufhin seine Kandidatur zurück.

Im laufenden Wahlkampf distanziert sich Giuliani zusehends von Kerik. Mehrfach hat der für seine Law and Order-Politik bekannte Republikaner eingeräumt, einen Fehler begangen zu haben, indem er Kerik empfahl. Zugleich verteidigt er allerdings dessen "gute Polizeiarbeit".

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP erklärte Giuliani, dass Keriks Verdienste schwerer wögen als dessen Fehler. "Wenn ich als US-Präsident dasselbe Verhältnis von Erfolg und Misserfolg verbuchen kann (wie Kerik, Anm.), dann wird es den USA großartig gehen", erklärte Giuliani.