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Affäre Constantia Privatbank: Manipulation durch Leerverkäufe?

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Anlegeranwalt Wallner fährt schwere Geschütze auf - Aviso Zeta entgegnet.


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Wien. Die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen in der Anlegeraffäre um die frühere Constantia Privatbank, heute Aviso Zeta, bekommen eine neue Dimension. Rund 1400 Verfahren sind gegen die "Bad Bank" und Immofinanz-Tochter Aviso Zeta laut Alexander Schmidt, Vizepräsident des Handelsgerichts Wien, anhängig; vor allem aber ein "Musterverfahren" mit der Aktenzahl 43 Cg 15/09t birgt explosiven Sprengstoff. Darin fordert eine Anlegerin, die sich unter anderem durch "die künstliche Erzeugung eines stabilen Kurses" durch Leerverkäufe in die Irre geführt fühlt, die Rückabwicklung ihres Investments (61.900 Euro).

Vor wenigen Tagen hat ihr Anwalt Benedikt Wallner eine mutmaßliche "Smoking Gun" vorgelegt. Im Mittelpunkt steht eine angeblich "unzulässige Kurspflege bei Immofinanz- und Immoeast-Aktien, indem die Privatbank über mehrere Monate hinweg mehr Aktien verkauft hat, als überhaupt dem Handel zur Verfügung standen". Der Anlegerin sollen Immofinanz- und Immoeast-Aktien auf dem Depot gutgeschrieben worden sein, die die Bank damals unter Karl Petrikovics zum Transaktionszeitpunkt angeblich gar nicht besaß. Dem Vernehmen nach bestreitet der Ex-Immofinanz- und -Constantia-Privatbank-Chef Petrikovics jeglichen Manipulationsvorwurf.

Massive Fehlbestände?

"Auf diese Weise wurde von einer Kapitalerhöhung bis zur nächsten ein enormer Fehlbestand aufgebaut", brachte Wallner bei Gericht vor. Er ließ die umfangreichen "Aktien-Fehlbestände" vom Kapitalmarktexperten Manfred Biegler aufarbeiten; vor allem zu den Zeitpunkten, zu denen Wallners Mandantin gekauft hatte. Zum Stichtag 16. Februar 2006 betrugen die Leerverkäufe beziehungsweise die Fehlbestände der Constantia zumindest 15,213 Millionen Stück Immofinanz-Aktien und 34,724 Millionen Stück Immoeast-Aktien; zum Stichtag 24. Mai 2007, dem Tag der Kapitalerhöhung, zumindest 519.172 Stück Immoeast Aktien. Noch einen Tag davor betrug der Fehlbestand 69,485 Millionen Stück Immoeast-Aktien.

"Für mich war es eine neue Erkenntnis, dass es auch Leerverkäufe gab", sagt Wallner zur "Wiener Zeitung". Dieser massive Aufbau an sogenannten Short-Positionen soll laut Wallner dazu gedient haben, "im Vorfeld einer künftigen Kapitalerhöhung eine Art Platzierungssicherheit‘ zu erlangen, da ein hoher Anteil der Kapitalerhöhung bereits zulasten der latenten Short-Positionen bedient werden konnte". Laut Wallner wurde diese "Strategie" weder in den Kapitalmarktprospekten noch in anderen Veröffentlichungen "jemals kommuniziert". Der Öffentlichkeit soll die "Überzeichnung der jeweiligen Kapitalerhöhung" mitgeteilt worden sein.

"Die Bank hat immer mehr Aktien der Immofinanz und der Immoeast verkauft, als sie hatte. Sie ist immer short gegangen", sagte schon der Constantia-Mitarbeiter Martin S. als Zeuge vor dem Staatsanwalt aus. "Es gab diesbezüglich laufend Diskussionen mit dem Wirtschaftsprüfer. Um den zu beruhigen, stellte man immer im nachfolgenden Jahr eine Kapitalerhöhung der Immoeast und Immofinanz in Aussicht."

"Allfällige Short-Positionen, sofern diese überhaupt bestanden haben, was es erst zu beweisen gilt, waren und sind nicht rechtswidrig und dienten auch nicht dazu, bei künftigen Kapitalerhöhungen eine Art Platzierungssicherheit‘ zu erlangen", kontert Aviso-Zeta-Vorstand Stefan Frömmel. "Eine Veröffentlichungspflicht bestand nicht. Zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung war keinesfalls das Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt. Weder die Klägerin noch andere Aktionäre wurden in die Irre geführt."